von Jörg Streese

Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert

Written by:
Published on Juni 3rd, 2012 @ 18:32:18 , using 688 words,
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert

 

Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert


Als beim Wetterbericht plötzlich meine Schiffs-Batterie ihren Geist aufgab, hatte ich ein Problem. Denn nun brauchte ich eine neue, und zwar eine gute, denn ich habe nur eine Batterie an Bord und möchte das auch so beibehalten. Und mir war auch klar, dass ich vor vier Jahren, als ich diese Batterie neu erstanden hatte, ich gleich eine Tiefentladung über mehrere Wochen verursacht hatte, die der Batterie wohl einen Knacks gegeben hat.


Den Hafenkapitän dieser Anlage angesprochen, fragt der nach der Amp-Zahl, und als ich 100 angab, guckte er kurz auf eine Batterie, die dort auf dem Werktisch stand und sagte „take this“ und gab sie mir, sie stamme aus dem Motorboot dort drüben, der habe jetzt eine neue.


Obwohl ich doch auch ein bischen skeptisch über den Zustand der Batterie war, schob ich überglücklich mit dem schweren Ding von dannen. Doch ich sollte mich täuschen. Alles bestens. Dafür bekommt er einen guten russischen Wodka.


Seit zwei Tagen trägt MISS SOPHIE ihre homepage jetzt auch auf ihrem Rumpf. Da die Domain www.miss-sophie.de schon vergeben war (aber der Inhaber von ihr keinen Gebrauch zu machen scheint) fand ich diese Seite in der Schweiz noch frei und habe sie mir gleich gesichert, denn da wird ja auch Deutsch gesprochen. Jetzt kann man auch über diesen link auf meine Seite kommen:


www.miss-sophie.ch


Da ich eigentlich nach Sichtung der Wetterverhältnisse am Sonntag nach Mersrags wollte, um von dort auf die kleine Insel Ruhnu zu kommen, musste ich dann aber in den Seewetterberichten abends feststellen, dass für das großflächige Tief über Stockholm für den Rigaer Meerbusen Wind von 6 Beaufort anzeigt wurde, und ich habe für mich entschieden, das ist mir für den Anfang zu viel.

Mit dem Studenten hatte ich mich für den Spätnachmittag dann verabredet, dass er mir hilft, ein Netzgerät für meinen Laptop zu erstehen, denn ich will es nicht mehr über die Schiffs-Batterie betreiben.


In einem riesigen Einkaufzentrum wollte mir der Verkäufer das nicht verkaufen, weil er meinte, die Gefahr sei zu groß, dass da nicht der für mein Laptop notwendige Anschluss-Adapter dabei sein könnte und dann würde ich das Gerät wieder zurück bringen und die Originalverpackung sei dann hin (zumindest habe ich ihn so verstanden).

Als ich trotzdem das Gerät eigentlich kaufen wollte, stellte ich mit Erschrecken fest, das meine EC-Karte nicht da war.


Panik und Entsetzen durchzüngelten meinen Kopf. Zu Hause habe ich dann erst mal alles durchsucht, was auch nur in Frage kommen könnte, dass sie dort irgendwo gelandet sein könnte.

Nichts.

Dann habe ich einen Zettel genommen und bin alle Situationen durchgegangen, wo ich mein Ausweishülle benutzt hatte, habe mir die Läden notiert und bin am nächsten Morgen dort gewesen und habe nach einer möglichwerweise abgegebenen EC-Karte gefragt. Nichts.

Dann habe ich mich bei meiner Bank eingeloggt und bin die Abbuchungen durchgegangen, denn das letzte Mal hatte ich die Karte sicher vor 5 Tagen in der Hand gehabt. Aber hier war alles in Ordnung. Habe dann die Karte sperren lassen.

Trotzdem macht mich die Sache unruhig, weil mir das zum ersten Mal passiert ist.


Am Samstag dann trotz meiner inneren Unruhe wegen der verlorenen EC-Karte nach Riga gefahren – es regnete den ganzen Tag – und in allen einschlägigen Einkaufzentren nach einem Netzteil für meinen Laptop gesucht. Nichts.

Irgendwann bin ich dann frustriert am Zentralbahnhof langgegangen und dachte, ich erkunde jetzt einfach mal den Stadtteil, der von der Marijas Iela / A.Caka Iela durchkreuzt wird, so mit dem Hintergedanken, dass mein interesseloses Herumflanieren MICH vielleicht Durch Zufall zu einen Laden führen könnte, wo Computerfreaks einkaufen gehen, denn die gibt es hier ja auch, und was sehe ich? Ein kleiner Laden, so groß wie bei mir zu Hause das Badezimmer, innen aber sehr geordnet in Glasschränken diverse Computerteile und da sehe ich dann auch schon Netzgeräte. Der Inhaber spricht gut englisch und schon hat es das entsprechend richtige Netzteil in der Hand. 20 LATs – billiger als die Dinger in den großen Shops. Überglücklich ziehe ich von dannen.


Ein paar Tage, die es in sich hatten. Nur diesmal nicht seglerisch.

Die beiden Wolkenbilder sind durchaus auch ein Ausdruck meiner seelischen Verfassung in diesen Tagen  gewesen.

Lokaler Sturm

Written by:
Published on Mai 30th, 2012 @ 19:30:27 , using 251 words,
Lokaler Sturm
Lokaler Sturm
Lokaler Sturm

 

Lokaler Sturm


Nach dem es gestern den ganzen Tag geregnet hatte und natürlich Nordwind war, der sehr moderat und nicht über zwei Windstärken kam, scheint die Nordwindära auch nach 9 Tagen nicht beendet.


In der Nacht dann wachte ich durch heftige Bewegungen von MISS SOPHIE auf und dann hörte ich draußen den Wind heulen. Die Bewegungen von MISS SOPHIE, die heftig durch die Wellen an den Leinen riss und durch den Winddruck auf dem Mast sich immer wieder auf die Seite legte, trieben mich nach draußen, wo es kalt war, es regnete waagerecht und der Sturm peitschte mir ins Gesicht, so dass ich sofort hellwach war. Die Vorderleinen habe ich durch dickere Taue verstärkt, musste dabei scharf aufpassen, bei den heftigen Bewegungen des Steges nicht das Gleichgewicht zu verlieren und war froh, schnell wieder unter Deck zu sein, denn das war kein Ort für solch frühe Stunden (zwei Uhr Nachts).

Aber den Windmesser habe ich dann doch noch schnell einmal an die Luft gehalten: in Deckshöhe in den moderaten Stellen Windstärke 7, in den Spitzen zumindest in Salingshöhe Windstärke 9.

Kein Wetterbericht hat dies angekündigt und die Windkarte oben auch nicht, aber sie scheint darauf hinzudeuten, dass es ein sehr lokaler Vorgang gewesen ist.

Aber auf ihr ist sehr schön zu sehen, wie Riga im Fokus dieses sehr loklalen Tiefdruckgebietes liegt.

Erst gegen Mittag ebbte das Geschehen dann langsam ab und es wurde wieder ein normales Leben an Bord möglich. Aber draußen: nass, kalt, windig, ungemütlich.

Tja, ob ich hier jemals wegkomme?

 

you can't always get what you want

Written by:
Published on Mai 28th, 2012 @ 19:16:28 , using 393 words,
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want

 

Bis Ruhnu, dieser kleinen Insel Lettlands im Rigaer Meerbusen, sind es mindestens 65 sm. Selbst mit einem Durchschnitt von 5 kn wären das mindestens 13 Stunden – mindestens, denn diese Geschwindigkeit lässt sich natürlich nicht über 13 Stunden durchhalten und dann werden es schnell 15 oder 16 Stunden und in der Nacht kann ich dort nicht einlaufen, denn die Einfahrt ist sehr sehr schmal und wenn dann nur mit unbefeuerten Tonnen bestückt. Also muss ich entweder von vornherein einen Nachttörn einplanen oder eine Zwischenstation einlegen, z.B. in Mersrags, wo ich ja letztes Jahr schon mal war. Alle diese Ziele liegen aber nördlich bis nordwestlich.

Und seit dem 20. Mai bestimmt ein über dem westlichen Norwegen liegendes riesiges Hochdruckgebiet die Windrichtungen – und die kommen mit wunderbarem Wetter aus dem Norden. Und zwar jeden Tag. Seit dem 20 Mai. Mit Sonne. Und bestem Segelwetter.


Was mnacht man da?

In der Sonne liegen und lesen.


Precht: Wer bin ich und wenn ja, wie viele?

Branden: Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls (sehr wichtig)

Kirchner: eher rau

Erdmann: Tausend Tage Robinson mit einem Schiff meiner Größe einmal um die Welt mit seiner Frau


Und abends kochen.


Und zwischendurch immer wieder Arbeiten am Schiff:

Verkabel und montiere meine 4. kleine Solaris Solarzelle, die sehr effektiv ist und immer in einer guten Position zur Sonne gebracht werden kann.

Montiere meinen Sprayschutz ab und wasche ihn. Eigentlich sieht MISS SOPHIE ohne viel schöner aus.

Alle Matrazen raus und ausgeklopft (sind ziemlich viele finde ich).


Und betreibe zwischendurch immer wieder Meditation, weil ich unruhig bin, weil ich hier nicht wegkomme, weil ich meine, meinem Selbstwertgefühl es schuldig zu sein, hier nun endlich die Fliege zu machen.

Da muss mit hart Ruder gegengesteuert werden – und das geht am besten auf sanfte Weise – mit Meditation.


Ja, und denn ist da noch trauriges zu vermelden. Eines morgens finde ich das Nest auf dem Dalben, auf dem ich immer vorbeikomme, wenn ich auf dem Steg an Land will, ohne brütende Möwe und auf dem Steg Reste von der Ausfütterung des Nestes. Nesträuber haben gewütet und auf einem anderen Dalben sehe ich das Mövenpaar, das konsterniert wirkt – wenn man das mal mit menschlichen Reaktionen vergleichen will.


Ja – und wenn ich dann trotzdem zwischendurch deprimiert bin, schmeiß ich das Stones-Video auf meinen laptop: You can't always get what you want .......

Segel bedeutet, manchmal auch seelische Untiefen bewältigen zu müssen.

Ich berichte weiter.

Alltag auf dem Schiff in Riga

Written by:
Published on Mai 21st, 2012 @ 20:14:07 , using 708 words,
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga

 

Am Freitag klarte sich das Wetter auf, es hörte auf zu regnen und dann und wann zeigte sich die Sonne. Und dann gibt es auf dem Weg zum Yachtcenter ein paar schöne Hausgärten mit blühendem Flieder.


Am Nachmittag dann hatte die Sonne die Oberhand bekommen und strahlte aus blauem Himmel. Jetzt konnte ich die mit Epoxy sanierten Deckstellen zweikomponentig spachteln – für einen entgültigen Anstrich hatte ich keine Decksfarbe mit – das muss nächstes Jahr geschehen, denn hier könnte ich nur auf gut Glück eine Farbe bekommen, denn die Inhaltshinweise sind in lettisch, estländisch, litauisch und russisch – möglicherweise manchmal auch in englisch, nur das alles hilft mir wenig.


Als ich eben die Bilder von meinem Camcorder überspielen wollte, habe ich wohl einen falschen Befehl eingegeben, denn sie wurden alle geschlöscht. Deshalb gibt es diesen Bericht auch erst am Montag, wenn ich die notwendigen Bilder ersetzte habe.


Am Samstag musste ich die Mastkrümmung korrigieren, dann brachte ich am Heckkorb eine Achterleine mit Trommel an für die hier öfter anzutreffende schwedische Anlegeform, vorne an einem Steg oder einem Felsen festzumachen und achtern vor einem Heckanker zu liegen. Meine dafür gebraucht gekaufte Leinentrommel hat keine Kurbel dabei gehabt. Die musste ich mir nun mit Eigenmitteln selbst anfertigen – glücklich bin ich bei dieser Lösung noch nicht.


Heute habe ich das Boot aufgeklart und dann mit dem Hochdruckreiniger gesäubert. Danach eine kleine schöpferische Pause eingelegt, etwas zu Essen gemacht und dann mich wieder dem Studium der russischen Seekarten gewidmet, die nun mit meiner etwas älteren digitalen Seekarte abgeglichen werden müssen und ich muss mich entscheiden, ob ich damit sicher durch diese komplizierten Gewässer komme, die teilweise im nördlichen Bereich äußerst kompliziert und eng sind. Ich habe mir hier die Adresse eines auf Seekarten spezialisierten Laden geben lassen, den ich morgen in Riga aufzusuchen gedenke und dort versuchen, neuere digitale Karten mit meinen Kartensatz zu vergleichen und mich entscheiden, ob ich da noch mal investieren muss.


Wenn immer ich hier am Steg langgehe, komme ich an dieser brütenden Möve auf einem der Stahldalben vorbei, die dann ganz hektisch auffliegt und bisher in Sturzflügen auf mich losging.

Nun haben wir uns folgendermaßen geeinigt. Ich schaue sie überhaupt nicht mehr an, tue so, als würde sie nicht existieren und sie bleibt brüten und meckert nur ein bischen über die Störung.


Als ich am Montag loswollte, ging gerade ein schweres Gewitter über Riga los und es krachte ohrenbetäubend und die Blitze tobten sich über der Stadt aus. Dann fing es an zu regnen und ich stand mit dem lettischen Studenten, der hier wohl gegen Bezahlung den Rumpf eines großen Regattabootes poliert, unter dem Dach des Yachtcenters und wir plauderten eine Weile auf englisch miteinander. Dann klarte es auf und ich machte mich auf den Weg nach Riga.

Ich hatte mir vorgenommen, den Weg in den Norden zu dem Laden für Seekarten zu Fuß zu gehen, um gleichzeitig auch noch ein wenig von Riga mitzubekommen.

Das wurde ein weiter Weg und ich machte Pause in einer kleinen Gaststätte, die draußen ihre Tische und Bänke hatte und aß für 2.20 ein gutes kleines Gericht. An einigen großartigen Hausfassaden mit diesen Karyatiden kam ich vorbei und am Jazzfestival, dass aber erst im nächsten Monat sein wird. Irgendwann, nach dem ich einige öde Industriequartiere auf der Hauptstraße durchquert hatte, stieß ich dann auf ein neues großes Gebäude, in der auch diese Seekartenverkaufstelle untergebracht war.

Nach einigem hin und her erfuhr ich dann, dass es in den lettischen Ländern keine digitalen Seekarten zu kaufen gibt. Sehr merkwürdig.

Also zurück, nun aber mit dem Bus.


Hier in der Marina sprach ich dann den Studenten darauf an und er war verwundert und ging mit mir dann zu einem der Mitarbeiter hier in dem Yacht-Center und der bestätigte dies. Aber er meinte, da würde sich hier nicht viel ändern, ich solle ruhig mit meiner älteren Karte fahren. Aber in Finnland könne ich die digitalen Karten vergessen, da brauche ich die finnischen Kartensätze auf Papier.

So richtig glücklich bin ich darüber nicht, denn mein russischer Kartrensatz sagt über den obigen Hafen auf Ruhnu auch nicht mehr, nur mein Handbuch Lettland von Jörn Heinrich ist da präzise – umfasst aber lediglich die letzte Seemeile vor dem Hafen.


Na gut, dann müssen wir es so versuchen.

Schlechtwetter

Written by:
Published on Mai 17th, 2012 @ 22:30:29 , using 294 words,
Schlechtwetter
Schlechtwetter
Schlechtwetter
Schlechtwetter

 

Seit gestern regnet es eigentlich ununterbrochen. Also eigentlich nieselt es ununterbrochen.


Gestern habe ich mich deshalb hinter einem Buch verkrochen. Mal wieder „Die Kreuzfahrt der Nona“ von Hilaire Belloc, einem englischen Schriftsteller und Politiker, der seine Nona, ein hölzernes Dreißig-Fuß-Schiff ohne Motor, in den ersten 30 Jahren des letzten Jahrhunderts an den englischen Küsten gesegelt und darüber ein wundervolles Buch geschrieben hat, was zum ewigen Bestand der Schiffsbibliothek der MISS SOPHIE geworden ist und ich glaube, ich möchte seine Reisen noch einmal in meinem Leben mit meiner MISS SOPHIE nachsegeln – allerdings nicht die dramatischen Situationen wiederholen, von denen einige in seinem Buch lebendig vor Augen kommen.


Zur Tradition gehört es inzwischen auch, dass ich am Anfang meines Lebens auf MISS SOPHIE mir „Moby Dick“ von Herman Melville in der 14-stündigen Hörfassung anhöre und damit den jeweiligen Arbeitstag gemütlich auf der Koje liegend beende. Damit habe ich vor 17 Tagen angefangen. Und manches Kapitel zweimal gehört. Es ist jedesmal ein richtiges Eintauchen in diese verschollene Welt. Und es ist diese wundervolle bilderreiche Sprache, die ich an dem Buch so liebe.


Heute nun wurde es ernst.

Ich habe meine Seekarten neu klariert. Die über 100 Karten nach Seegebieten gruppiert und mit Bändseln gebündelt. Und dann habe mich in die Karten und Törnbeschreibungen des nördlichen Teils des Rigaer Meerbusens vertieft, weil ich davon nur einen russischen Kartensatz habe, in der natürlich die Fachwörter in russischer Sprache enthalten sind und die muss ich jetzt umdenken lernen, bzw. mir ihre Bedeutung aus anderen Karten mit den gleichen Symbolen erschließen. Also eine Arbeit, bei der es draußen ruhig den ganzen Tag regnen darf. Was es dann auch tat.


Aber an Deck warten auf mich notwendige Arbeiten, für die ich Trockenheit brauche. Also wollen wir dem Wettergott ein paar wohlwollende Gedanken senden.

Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken

Written by:
Published on Mai 16th, 2012 @ 12:09:32 , using 279 words,
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken

 

Riga – Latvijas Jahta


Das Wetter pendelt hier zwischen wundervoll sonnigen und warmen Tagen und dann wieder eistkaltem Wetter aus Nord-Ost. An einem dieser sonnigen Tage kam dann gerade "Mein Schiff" den Fluss hoch, um in Riga festzumachen.


Lange habe ich gezögert, mit meinem defekten Rücken mich an den Mast zu wagen – aber dann habe ich entschieden, ihn über die Winsch hochzuziehen. Dafür musste ich die dreifach geschorene Schot noch einmal um 10 Meter verländern und mein Problem war, wenn diese Palstegs (nicht sich zuziehende Knoten) über die Winsch laufen, ob das problemlos gehen wird. Es geht! Und dann habe ich in kleiner Übersetzung den Mast, der ja mit einer Dreifach-Talje hochgezogen wird, weil enorme Käfte am Anfang notwendig sind, das Gewicht des Mastes zu ziehen, mit der Winsch zentimeterweise hochgekurbelt. Und dann stand er.


Am nächsten Tag habe ich das Großsegel eingeschoren, die Reffleinen neu verlegt und MISS SOPHIE wurde wieder ein Segelschiff.


Nun musste ich mich an die leidige Aufgabe machen, mein nicht fachmännisch saniertes Deck zu entrosten. Eine nervige und frustrierende endlose Arbeit.


Dann mit Acrü Epoxy-Primer grundieren und danach, wenn notwendig zweikomponentig Spachteln, dann streichen.


Als ich geprimert habe, ziehen bedrohlich dunkle Wolken auf – aber es bleibt trocken. Der Wind ging im Laufe des Tages mit 2-3 Windstärken einmal durch den ganzen Kompass, das Sturmglas entwickelt beachtliche Kristalle und insgesamt ist es eine sehr unbeständige Wetterlage.


Wenn es trocken bleibt, kann ich diese unbeständige Wetterlage gut benutzen, mein Deck fertig zu bekommen – dann sehen wir weiter.

Und mein Rücken macht auch immer weniger Ärger. Alles wird gut.

Hallo Franka und Matthias,

ich wünsche euch einen wunderbaren Törn und bin gespannt auf eure Berichte.

Endlich wieder Wasser unter dem Kiel

Written by:
Published on Mai 11th, 2012 @ 21:11:38 , using 195 words,
Endlich wieder Wasser unter dem Kiel
Endlich wieder Wasser unter dem Kiel
Endlich wieder Wasser unter dem Kiel

 

Am 9.5. um 14:30 ist der Kran da, MISS SOPHIE schwebt in der Luft und vor Aufregung habe ich vergessen, meinen Fotoapparat bereitzuhalten. Und der Preis für den Kran hat sich seit letztem Jahr verdoppelt: 70 Lats, letztes Jahr waren es noch 30.

Na weinigstens ist MISS SOPHIE wieder im Wasser und das Leben wird wieder etwas maritimer. Zur Feier des Tages habe ich eine ½ schon gebratene Ente gekauft ( 2.30 LAT = ca. 3 EUR), die nun zum Abendbrot und Feier des Tages und des Anlasses verzehrt wird – d.h., ich habe noch zwei weitere Tage daran genagt.


Am nächsten Tag verlege ich die Tankluftzufuhrleitung neu und anders, so dass auch bei extremer Lage kein Diesel in diese Leitung steigen kann. Trotzdem bleibt die Sache rätselhaft. Aber der Probelauf des Dieselmotors verläuft super, er ist sofort da und läuft rund und bestens. Na wenigstens das. Ich motore an meinen Liegeplatz für die nächsten Tage, wo ich den Mast stellen werde, sobald es mein Rückrat zulässt und von wo aus ich einen herrlichen Blick auf den Kaianlagen des Rigaer Hafens habe. Und gerade als loswerfen will, macht die neu gebaute BUTO-Yacht eine erste Probefahrt, neben deren Werftgebäuden unser Yachthafen liegt.

 

Arbeit, Arbeit und ein krummer Rücken

Written by:
Published on Mai 5th, 2012 @ 21:05:43 , using 360 words,
Arbeit, Arbeit und ein krummer Rücken
Arbeit, Arbeit und ein krummer Rücken
Arbeit, Arbeit und ein krummer Rücken

 

Der nächste Tag so wie die ganze Anreise: Wolkenloser Himmel, in der Sonne T-Shirt-Temperaturen, aber im Schatten bringt der Ost auch die Kälte aus Moskau.


Die folgenden Tage waren schmerzhaft und alles ging nur sehr langsam und immer mit grossen Pausen.

Plane runter und weil sie so schön trocken war, auch gleich zusammengelegt und eingepackt.

Hier ist noch kein Schiff zu Wasser, aber an einigen wird gewerkelt.

Beim Ausleeren des Achterpiek, um die Abdeckplane zu verstauen, entdecke ich die verrostete, letztes Jahr nicht losbekommene Befestigungsmutter des Ruderkokers. Zwei Stunden habe ich dabei am nächsten Tag verbracht, diese völlig verrostete Mutter in 100dertstel Millimeterbewegungen loszubekommen.


Dann mache ich mich an das Unterwasserschiff: Roststellen entdecken, freilegen, bis auf das blanke Eisen entrosten und dann mit Epoxyprimer grundieren. Eine anstrengende Arbeit, weil ich über Kopf halb hockend, halb liegend, und immer wieder eine Haltung suchend, die mir mein schmerzhaftes Kreuz erlaubt. Gerade als ich fertig bin, fängt es bei dem West an zu nieseln.


Am 5.5. bringe ich meine neue Solarzelle an und verkabel alles sehr sauber, weil es sichtbar in der Kabine ist. Die Enden der Verkabelung zu verlöten, hat meine ganze Konzentration erfordert, weil ich nur noch 8 cm 0,2 mm dünnes Lötzinn hatte und mit einem Micro-Torch, einem Minilötbrenner in Feuerzeuggröße, nun die Drahtenden Verlöten musste. Gedultsarbeit.


Am 6.5.montiere ich die Easylock-Reffklemmen am Großbaum an, in dem ich in das Allu Gewinde schneide.


Auch am 7.5. macht mir mein Rücken Probleme. Trotzdem weiter. Vorne in der Bilge der Vorpiek steht eine kleine Lake Diesel. Wie kommt die dahin? Jetzt begann eine zweitägige Dedektivarbeit, in der ich die Dieselleitungen in der ganzen Kajüte freilegen musste, das heißt, alle Polster nach vorne, alle Lebensmittel ausräumen und die Leitungen cm für cm auf undichte Stellen absuchen. Nichts.


In der Tankluftzufuhrleitung, die vom Tank mittschiffs ganz nach achtern in den dortigen Festmachpoller endet, der eine kleine, verdeckte Öffnung dafür hat, stand Diesel. Wie kommt der da rein?

Quälende Fragen – und keine vernünftigen Antworten.

Aber um wenigstens etwas vernünftiges zu machen, streiche ich das Unterwasserschiff mit Antifouling. Und das war gut so, denn plötzlich kommt der Chef vons Ganze und sagt, ich komme morgen an den Haken.

on the sea again

Written by:
Published on April 29th, 2012 @ 20:41:36 , using 528 words,
on the sea again
on the sea again
on the sea again
on the sea again

 

Ich fahre am 29. April mit ECOTOURS Bremen – Riga. Moderner Doppeldeckerbus, 27 Stunden, mit kleinen Pausen zwischendurch. Ich habe mir dafür einen Thriller besorgt: John Land: Der Tag des Unheils, der mich mit kleinen Unterbrechungen des Dösens ansonsten gut durch die lange Fahrt brachte, denn landschaftlich bietet Polen, Litauen und Lettland nicht viel Abwechselung. Eine flache Landschaft, die mit Kiefern- und Birkenwäldern, Brachflächen und landwirtschaftlich genutzen Anbaugebieten abwechselt.


Leider wusste ich die Bus-Liniennummer nicht mehr, die mich in Riga in den Stadtteil Bolderaja ganz im Norden Rigas bringen sollte und ich versuchte nun radebrechend mich zu erkundigen, welche Buslinie das sei. Aber von den Erwachsenen spricht keiner Englisch und Deutsch und letztendlich meinte ein Busfahrer dann, als ich ihm den Stadtteil auf dem Stadtplan zeigte, ich solle einsteigen und dann in den Bus, Nummer habe ich vergessen, umsteigen. Mein Stadtteil liegt im Norden, dieser Bus fuhr aber nach Westen – und irgendwann hab ich die Notbremse gezogen und bin ausgestiegen. Da stand ich nun: auf dem Rücken einen 30-Kg-Seesack, unter dem linken Arm zwei Solarzellen und und der rechten Hand eine Plastiktüte mit Lebensmitteln für die Fahrt, Buch und sonstiger Kleinkram, Stadtplan etc und langsam ging die Uhr auf 21:00 Uhr.

Auf der anderen Straßenseite war eine Tankstelle, um mich herum eine riesige Plattenbausiedlung sozialistischer Prägung und kaum war ich bei der Tankstelle angekommen, da erschien plötzlich ein Taxi.

Ein älterer Herr, der sofort auf mich langsam zurollte, als ich ihm Zeichen gab. Ich zeigte ihm auf dem Stadtplan, wo ich hinwollte – und er antwortete mir radebrechend englisch. Ein ehemaliger Seemann, der viel auf der Welt herumgekommen war und jetzt seine Rente aufbesserte. Wunderbar. Er lud meine Sachen ein, dann fuhr er tanken und dann auf einen Parkplatz bei der Tanke, holte eine Lupe aus der Ablage, holte sich seinen Stadtplan herausund fing an, die Straße, die ich ihm nannte, Sturmann Iela, zu suchen. Als er sie gefunden hatte, zeigte er sie mir und ich bejahte sofort und los gings. Während der Fahrt versuchte er mir zu erklären, wo er überall gewesen war, aber weder sein Sprachschatz noch meiner waren so umfänglich, dass das einfach so ging. Aber es war total nett und ich war entschädigt für den anfänglichen Start ins Nirwana. Mit einem Zwischenstopp bei einem Kiosk für ein paar Dosen Bier und eine Flasche Wodka, zeigte ich ihm dann ganz kurz noch mein Schiff, hoch auf dem Trockenen, entlohnte ihn anständig und dann erklomm ich meine MISS SOPHIE, machte kurz unter Deck ein wenig Ordnung, denn alles war wegen Feuchte und Kälte zur guten Belüftung hochgenommen worden und dann stieg ich wieder ab und buckelte meinen Seesack.

Ja, und das wars dann.

Wie letztes Jahr.

Krrrnckkc machte etwas in meinem Rückrat und die nächsten 10 Tage war ich mehr oder minder behindert.

Ich Hornochse. Ich weiß doch, wie man in meinem Alter mit Gewichten umzugehen hat. Gerader Rücken und die Last mit den Knien stemmen: Dafür braucht man eine Zwischenebene, auf die man das Gewicht mit dem ersten Kniestemmen bringt und dann wieder in die Knie und die Last auf die Schulter gebracht und mit geradem Rücken die Leiter rauf.

Na, vielleicht klappt es ja nächstes Jahr.

Glück

Written by:
Published on August 25th, 2011 @ 11:38:55 , using 690 words,
Glück
Glück
Glück
Glück

 

Glück

Glück ist wie eine Katze.


Man kann es nicht haben, man kann es nicht halten, es kommt, wann es will, dann ist es ein Geschenk und es geht wie es will, wie eine Katze: wenn sie es will, geht sie.

Heute war mal wieder so ein Tag.

Heute also machte ich mich auf in die City von Riga, um von dort zum Airport zu fahren und möglichst einen Rayanair-Flug zu buchen, denn Rayanair fliegt Riga-Bremen, was natürlich super ist.

Während der letzten Tage hatte ich den Eindruck, dass der Herbst hier in Lettland angekommen ist: mit Regen, Wind und kaltem Wetter, aber heute schien die Sonne wieder mit der alten Kraft, und es war einfach schön, sie wärmend auf der Haut zu spüren, und zu merken, wie sie die Lebensgeister beflügelte und gute Laune macht und auf den meisten Gesichtern der hier flanierenden Menschen ein Lächeln zauberte.


Als ich so etwas verträumt aus der Touristen-Information trat, wo ich die Busverbindung zum airport erfragt hatte, stellte ich fest, dass ich mal wieder nicht richtig geplant und meine Kreditkarte nicht mitgenommen hatte. Zum Flugplatz ohne Kreditkarte aber schien mir völlig unsinnig zu sein – und als ich gerade anfing, darüber schlechte Laune zu kriegen, weil ich über meine Dösigkeit ärgerlich wurde, merkte ich wieder die Sonne auf der Haut, dachte an die vergangenen nassen Tage und plötzlich hatte ich das Gefühl, diese Sonne - jetzt - hier - auf diesem sonnenüberfluteten Platz in der Altstadt von Riga als ein kostbares Geschenk zu empfinden - zum letzten Mal in diesem Sommer durfte ich diese Sonne genießen und blieb stehen.


Ich warf alle zweckrationalen Gründe über Bord, mich weiter um die Rückfahrt nach Bremen zu kümmern, steuerte einen Caféplatz an, der nach meiner Berechnung noch lange von der langsam sich neigenden Sonne durch eine Gebäudelücke beschienen werden würde und bestellte ein Bier.


Ich merkte, wie alle ungeklärten Rückreisefragen langsam in der Wärme der Sonne versickerten und Platz machten für ein wohliges Gefühl des Nichtstuns und einem Gefühl des gut-aufgehoben-seins in der Welt und ich entspannte mich.


An dem Tisch rechts von mir schnabbelten junge Leute auf englisch, gegenüber war gerade eine deutsche Gruppe aufgestanden, ein junges Pärchen hinter mir schwieg sich auf lettisch an und ich war einfach da.


Eine Erinnerung an ein Erlebnis auf einer meiner traditionellen, österlichen Harzwanderungen kam in mir hoch.

An einem sonnigen Frühlingstag wanderte ich auf einem der Harzer Grabenwege Richtung Bad Altenau, als ich plötzlich wie vom Schlag gebannt stehen blieb:


Hier war es.

Das Zentrum der Welt.

Der geheime, verborgene Ort meines Glücks.


Ich stand wie gebannt.


Und ein mich überschwemmendes Glücksgefühl verschlang mich.


Es war ein großes strahlendes Grasbüschel, das hier im Sonnenlicht stand und mit seinen strahlenden winzig dünnen, aber gleichzeitig so stabilen Halmen wie eine natürliche Monstranz aussah und eine unglaubliche Energie hatte. Eine Lebensfreude und einen Jubel an das Licht, in dem dieses Gras wachsen durfte.


Dieser Jubel an die Sonne war jetzt hier. Mitten in Riga. In dem Moment, als ich aus der Touristeninformation trat, war er da. Es traf mich wie der Blitz. So wie damals im Harz.


Damals aber hatte dies Erlebnis leider keine orientierende Wirkung für die Wirrnisse meines Lebens gewinnen können. Diesmal aber habe ich diesem Erlebnis ein paar entscheidende Orientierungen für mein Leben abgewinnen können.


Ich merkte ganz deutlich, das Abschied in der Luft lag.


Abschied vom Sommer.

Abschied von dieser Stadt.

Abschied von diesem Lebensabschnitt und von meiner Reise mit MISS SOPHIE und

Abschied von einigen persöhnlichen Beziehungen, die ich in Bremen vollziehen würde.


Trauer war darin und Wehmut – und plötzlich genoss ich diese Stimmung, weil sie ein intensiver Ausdruck meines gegenwärtigen Lebens waren.

Das war mein Leben. Jetzt. Hier. In diesem Moment.

Und ich war glücklich.


So verbrachte ich zwei Stunden in der immer noch wärmenden Sonne und konnte mich überhaupt nicht von meinem Platz trennen, weil ich dachte, wenn ich diesen Ort verlasse und aufstehe, dann ist auch der Zauber weg.


Irgendwann war es dann soweit, ich stand auf und ging.


Aber Zauber blieb.


Und weil das Gras an dem Wallgraben so verlockend war, legte mich dort noch eine Weile ins Gras.


Und schwebte weiter.

1 ... 38 39 40 ...41 ... 43 ...45 ...46 47 48 ... 57

©2024 by Jörg Streese • KontaktHilfeForums software
Blog theme design by Andrew Hreschak