von Jörg Streese

SUPER. ENDE.

SUPER. ENDE.

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Published on August 29th, 2010 @ 22:40:21 , using 809 words,
SUPER. ENDE.
SUPER. ENDE.
SUPER. ENDE.

Der Wecker piepte um 07:00 Uhr und ich sah mir noch die Reste vom Sonnenaufgang an, der einen interessanten Segeltag versprach. Es war ein glorreicher Sonnenaufgang mit vielen Rot- und Orangetönen und zarten blauen Anteilen.

Und er wurde interessant.

Denn bis ich um 08:00 Uhr die Leinen löste, hatte sich der Himmel längst erwartungsgemäß in einen Schlechtwetterhimmel verwandelt (Morgenrot am Morgen, bringt dem Seemann Not und Sorgen), der Wind kam aus SW mit 4 - 5 Windstärken und das bedeutete zunächst halben Wind, dann in der Bockrinne sehr spitz gegenan und danach achterliche Winde.

Ich musste die Zecherinbrücke mit ihrer Öffnungszeit um 11:45 kriegen und das waren ca. 10 sm. Ich zog die Fock hoch und MISS SOPHIE stoop mit 4 - 5 kn los.

Mehrere wolkenbruchartige Regenschauer mit entsprechenden Windböen zwangen mich mehrfach unter die Cockpitpersenning, aber dass das T-Shirt-Segelwetter vorbei war, war mir ja eh klar und ich saß warm eingemummelt in meine Feuerwehrjacke im Cockpit.

Vor der Brücke war ich um 10:00 Uhr, weil ich mit diesem Wind und dieser Geschwindigkeit nicht gerechnet hatte und kreuzte ein bischen vor ihr hin und her, um die Zeit zu überbrücken - feilte noch ein bischen an meiner Technik beim kreuzen: die Fockschot loszuwerfen und auf der anderen Seite zu holen und gleichzeitig die Pinne zu bedienen, was, wenn viel Windkraft auf Segel kommt, manchmal eine Sache von Sekunden ist, bis die Sache aufwendig, kraftraubend und langwierig wird. Denn ich muss mich dafür von der einen Bordseite auf die andere begeben, gleichzeitig die Pinne in die richtige Führung bringen und sofort die freigegebene Fockschot ergreifen, um die Winsch legen und dichtzuholen, was bei dieser Windstärke nur unter Aufbietung aller Kräfte geht, die aber zudem nicht in optimaler Arbeitshaltung operieren können.

Naja - vielleicht nur für Segler interessant.

Die Brücke öffnete und ab hier erwarteten mich halbe Winde und ca. 17 sm, und ich fing an zu rechnen, ob ich es wohl bis zur Brückenöffnung um 16:45 in Wolgast schaffen würde - die nächste Öffnung war dann um 20:45. Denn zwischendurch schlaffte der Wind auf 3, kurzzeitig auch auf 2 Windstärken ab, fing sich aber immer wieder auf 4-5, und so war ich ununterbrochen damit beschäftigt, auszurechnnen, ob ich es wohl schaffen würde oder nicht.

Ich hatte mir eine Messlatte gesetzt: Würde ich bis zur Einfahrt in die Negenmark-Rinne bis 15:30 sein, wäre das Problem gelöst.

Als ich dicht unter der Küste der Halbinsel GNIT segelte, sah ich plötzlich über mir drei Seeadler sehr sehr weit oben, die ohne ihre Flügel zu bewegen, in immerwährenden Kreisen über dem Wasser und später dann auch über dem dortigen Weißen Berg kreisten.

Es liegt etwas sehr majästetisches in diesen Bewegungen, weil sie eigentlich keine Bewegungen sind und trotzdem als Bewegungen erscheinen und ja auch wirklich sind.

Es hat etwas mit dem Segeln zu tun: Auch da tue ich im eigentlichen Sinne auch nichts, ausser das ich die Pinne ein wenig in die eine oder andere Richtung bringe, aber das Schiff, auf dem ich mich durch die Welt bewege, stürmt voran, ohne das ich etwas dafür direkt tue: ich lasse machen, ich habe den Trick raus, den Wind für mich arbeiten zu lassen - so die die Geier da oben -  ach, tschuldigung, die Seeadler da oben. Und das hat etwas unglaublich faszinierendes: die Elemente für sich arbeiten zun lassen.

Wieder zwang mich ein wahrer Wolkenbruch unter die Persenning, aber MISS SOPHIE schoss wieder los, dann schlaffte der Wind wieder ab und ich setzte zusätzlich das Großsegel - sofort machte ich anderthalb bis zwei Knoten mehr speed und konnte zudem die sehr spitze Höhe in der Negenmark-Rinne halten, die zudem auch sehr sehr schmal ist. Um 15:30 war ich vor der Brücke in Wolgast und hatte nun die Gelegenheit, bis zur Öffnung um 16:30 noch meine Segel in der jetzt aufkommenden Sonne zu trocknen - 1 Stunde hin- und herkreuzen vor der Peene-Werft.

Das war ein Segelabschluss, wie ich ihn mir gewünscht habe - Motor nur zum Ab- und Anlegen und ansonsten alles alles unter segeln - und zudem kann ich mir heute sagen, seglerisch alles prima gewesen. Nach 10 Stunden an der Pinne um 18:00 in Wolgast fest.

Morgen Mast legen, Motor winterfest machen, Segel zusammenlegen, Lebensmittel ausräumen, Sachen packen, Dienstag dann MISS SOPHIE an Land heben, einpacken und am Mittwoch nach Bremen, am Donnerstag dann mit Hellgar und Bernhardt in die Dolomiten, kraxeln (wandern) zwischen 2000 und 3000 Meter Höhe. Und danach versuche ich wieder in meinen Arbeitsalltag einzutauchen und ich kann mir im Moment garnicht vorstellen, wie das ohne den leicht schaukelnden Schiffsboden von MISS SOPHIE gehen soll.

Ich danke allen Lesern und Leserinnen für ihre Aufmerksamkeit und würde mich freuen, euch alle im nächsten Jahr ab Mai wieder auf dieser Seite versammelt zu sehen. Da geht es dann über Polen nach Estland und Lettland - na ja, und das eine oder andere Buch wird auch hier erwähnt werden und der eine oder andere  Gedanke angestoßen durch das Deutschlandradio Kultur wird man dann auch wieder hier finden können.

Bis dann. Machts gut. Tschau.


 

 

3 Kommentare

Kommentar von: Anette
Anette

Hallo Jörg,
mir wird etwas fehlen,wenn das Tagebuch nun pausiert und ich freue mich schon im nächsten Jahr auf die Abenteuer der Miss Sophie.
Liebe Grüsse
Anette

31.08.2010 @ 10:21
Hellga Baltschun

Lieber Jörg,
na, ist Miss Sophie schon auf dem Haken im Winterquartier? Ihr unzertrennliches Paar habt ja allerhand in den letzten Monaten erlebt!Komm gut in Bremen an. Wir freuen uns schon sehr auf die Wanderung mit Dir. Kannst Du Dich überhaupt noch länger an Land bewegen? Oder brauchst Du immer Wasser unter dem Kiel, Deinen Füßen?
Herzliche Grüße bis in Kürze
Hellga

31.08.2010 @ 11:40
Kommentar von: Karin Gartelmann
Karin Gartelmann

Mensch Jörg,
jetzt hab ich mir grad mal wieder ein Stündchen Zeit genommen um in deinem miss-sofie.tagebuch weiterzulesen. Und was iss, du bist schon längst wieder auf/in den Bergen und vielleicht auch schon wieder in Bremen…. So rast die Zeit bei mir - erschreckend!
Habe gerade nur deine letzte Seite gelesen und zustimmend genickt zu : “die Elemente für sich arbeiten zu lassen” und mir ist klar geworden das wohl daher die wahnsinns Erholung kommt - die Elemente arbeiten für mich und ich schaue und genieße…

Dann wirds ja wohl mal bald was mit einem Treffen an der Lesum oder sonstwo und ich wünsche dir ein gutes ankommen an Land!
Herzliche Grüße von Karin

9.09.2010 @ 15:42


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