Da wollte mich Rasmus doch noch einmal prüfen: von Kuivastu zu der kleinen Insel Ruhnu
Da wollte mich Rasmus doch noch einmal prüfen: von Kuivastu zu der kleinen Insel Ruhnu
Published on August 13th, 2012 @ 11:26:38 , using 848 words,
Abends hatte ich noch mit dem sehr netten Hafenmeister gesprochen und wir haben im Internet noch die Windvorhersagen für den Rigaer Meerbusen durchgeschaut: Einhellig NE 3-5 m/s, das sind 3 Beaufort.
Weil ich 60 Seemeilen zu bewältigen habe, legte ich mir deshalb schon mal den Blister zurecht, das sehr große, leichte Vorsegel, denn um diese Strecke zu bewältigen brauche ich um die 5 kn Durchschnittsgeschwindigkeit, und dann sind das immer noch an die 13 Stunden.
Abends war ich noch schnell in dem dortigen Schnellrestaurant etwas essen gegangen, zum ersten Mal in diesem Urlaub – und wahrscheinlich zum letzten mal. Denn ich schlief grauenhaft schlecht und ich vermute, dass das irgendwelche Essenszusätze waren, die ich nicht mehr gewohnt war zu essen, denn ich habe die ganzen Monate jeden Tag gekocht.
Entsprechend unausgeschlafen weckte mich der Wecker um 04:00 Uhr morgens. Ein Blick raus und schwarze Dunkelheit umgab mich. Also wieder umgedreht und den Wecker auf 5 gestellt.
Dann schnell Zähneputzen, derweil Teewasser heiß wird, Leinen losgeworfen und los.
Es war der angesagte NE um 2, der dann aber schnell zu 3 wurde und ich James von seiner Arbeit erlösen konnte, als ich nach einer halben Stunde auf Südkurs ging.
5 kn lief MISS SOPHIE so, aber weil der Wind achterlicher als querab einfiel, konnte ich das Steuer nicht Admiral von Schneider übergeben, denn das führt immer wieder zum Einfallen des Vorsegels. Also saß ich hinten an der Pinne und versuchte meine verschlafenen Augen aufzuhalten. Zu sehen gab es für die nicht viel. Und das war das Problem. Übermüdet von wenig Schlaf musste ich mich immer wieder Zwingen, meine Augen über den Horizont schweifen zu lassen. Aber da gab es nichts zu sehen. Kein einziges Schiff ließ sich blicken und auch sonst gab es bald um mich herum nur einen Wasserhorizont.
Also ging das schon bekannte Spiel weiter: mein Blick wandert vom Windex zum Kompass, 260 Grad, der zu einem wahren Kurs von 290 Grad wurde, dann zum Kartenplotter, auf dem meine Kurslinie eingetragen war und der mir meine wahre Geschwindigkeit über Grund anzeigt, zum Großsegel, vom Großsegel zur Fock, über die Fock nach vorne auf den Horiziont und wieder zurück zum Windex und das Spiel beginnt von neuem.
1 Stunde. Noch ne Stunde. Und noch eine Stunde. Am Druck an der Pinne merkte ich, das der Wind zunahm. Und an der Geschwindigkeit: Immer wieder wurden dort 6,5 und manchmal auch 7 kn angezeigt. Jetzt waren es gute 4 Windstärken. Und immer wieder legte sich MISS SOPHIE auf die Seite, wenn eine etwas höhere achterliche See MISS SOPHIE auf ihren Buckel nahm und sie erst auf die Steuerbordseite und danach auf die Backbordseite wälzte.
Und es kam noch mehr Wind. Was ist hier mit den Windvorhersagen los?
Als die Geschwindigkeit imme öfter über die 7 kn ging, so um 10:00 Uhr herum, drehte ich bei. Ein Toilettengang stand an, ich machte mir ein paar selbstgebackene Brote, gab dem Großsegel ein Reff und weiter gings.
25 Seemeilen hatte ich schon bewältigt, ich hatte noch 35 vor mir.
Und hatte Mühe, meine Augen aufzuhalten.
Und der Wind nahm weiter zu. Wir hatten jetzt gute 5 Windstärken, die Wellen hatten eineinhalb Meter Höhe, es begann, in den Wanten zu pfeifen und um 13:20 drehte ich nochmals bei: Pinkelpause, Karte studieren und noch 17 sm bis zu meinem WP 1, der drei sm vor der Ansteuerungstonne lag, gut frei von den der Insel vorgelagerten Flachs.
Als ich den Nordkopf der Insel querab hatte, der Wind weiterhin mit 5 und vielleicht auch mehr ein wenig achterlich einkam, drehte ich bei und nahm das Großsegel weg. Meine Konzentration, beständig Großssegel und Fock so auszubalancieren, dass die Fock nicht einfällt und andererseits nicht zu weit von meiner Kurslinie abzukommen, ließ nach und dann ist es einfacher, sich von der Fock ziehen zu lassen. Die 1 kn Geschwingkeitseinbuße nahm ich locker in Kauf, es waren ja nur noch 12 sm.
Etwas Gedanken machte ich mir über die inzwischen höher gewordenen Wellen, denn ein Blick auf die Karte sagte mir, dass die Einfahrtsrinne zum Hafen westlich verläuft und nur 5 Meter tief ist, und die Wellen querab zu dieser Rinne verlaufen.
Dann war ich da, ich steuere die Einfahrtsrinne entlang, die querab anrollenden Wellen nehmen MISS SOPHIE immer wieder auf ihren Buckel, heben sie hoch, lassen sie danach tief ins Wellental fallen - und nochmal das Ganze - und nochmal - und nochmal - und dann rutsche durch den sehr engen Eingang (ca. 20 Meter) der Hafenmole dieses wirklich sehr kleinen Hafens und bin drin.
Bei den Stegen steht schon der Hafenmeister und nimmt die Vorleine an, denn ich hatte kaum Möglichkeit, MISS SOPHIE hier kurz treiben zu lassen, um Fender und Vor- und Achterleinen bereit zu legen und ich war fest.
Um 17:15, nach 12 Stunden an der Pinne, gönne ich mir einen Schluck Wodka, überprüfe noch einmal die Windgeschwindigkeit, die hier im Hafen zwischen 4 und 5 Beaufort pendelt und dann lege ich mich für ein kurzes Nickerchen ins Cockpit und lasse mit die Sonne auf den Pelz scheinen.
Da wollte Rasmus mich wohl noch einmal vor der Winterpause prüfen.
Ich denke, ich habe sie bestanden.
In der Nacht geht es dann weiter mit dem Wind und am Morgen sind es 6 Beaufort hier im Hafen.
Was ist mit den Wetterberichten hier los?