von Jörg Streese

the same procedure as last year: Katastrophe in der Hafenausfahrt von Ruhnu

the same procedure as last year: Katastrophe in der Hafenausfahrt von Ruhnu

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Published on September 1st, 2014 @ 18:14:00 , using 1347 words,
the same procedure as last year: Katastrophe in der Hafenausfahrt von Ruhnu
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the same procedure as last year: Katastrophe in der Hafenausfahrt von Ruhnu

 2014_08_31_ruhnu-mersrags

 the same procedure as last year: Katastrophe in der Hafenausfahrt von Ruhnu

 Der Wetterbericht war eigentlich ganz gut: ENE 4 (mit einer Neigung nach 5) und später dann ein reiner E erst 4 dann 3 Beaufort.

 Mein Kurs verläuft fast genau S, also Windrichtung und Windstärke geradezu ideal.

 Wäre da nicht das Problem mit meinem Motor. Denn die schmale Einfahrtsrinne verläuft ESE, bei einem ENE 4-5 nicht unter segeln zu machen (zumindest nicht mit meiner MISS SOPHIE).

 Was, wenn hier mein Motor mal wieder in Streik tritt?????

 Und die Wellen sind hier jetzt in der Hafeneinfahrt auch ganz schön groß, was einen funktionierenden Motor auch noch einmal bitter nötig macht.

 Gegen Mittag soll der Wind ja etwas weniger werden, denn ich messe hier 5 Beaufort, was bedeutet, dass in Masttophöhe gute 5 Windstärken herrschen.

 Ich warte.

 Bin kribbelig, denn die Windrichtung und die Windstärke sind eigentlich optimal.

 

Denn es sind 35 Seemeilen bis Mersrags, da brauche ich ordentlich Wind, um die Strecke zu schaffen.

 Ich gehe am Strand spazieren.

 Gehen ist immer gut, wenn ich unruhig bin.

  Wieder zur Hafeneinfahrt, Wellenhöhe prüfen.

Wird weniger.

Aber doch noch meiner Einschätzung nach zu viel für ein riskantes auslaufen.

 Um 13:00 Uhr habe ich das Gefühl, das es gehen könnte.

 Motor an, warmlaufen lassen.

 Segel so anschlagen, dass ich sie notfalls ganz schnell heißen kann.

 Noch mal alles durchdenken: Wenn der Motor in der Hafenausfahrt ausgeht....

 Nochmal zu Hafenmeister. Wie weit muss ich mich strickt an die Hafeneinfahrtsrinne halten?

 Mindestens 100 Meter.

 Das ist nicht richtig viel.

 Aber auf Wasser 100 Meter einschätzen??????

Egal.

Ich will jetzt hier weg, das Motorproblem muss professionell angegangen werden, und das kann es nur in Mersrags.

Um 14:00 mache ich die Leinen los, der Motor läuft ganz ruhig, ich bin zwischen den Betonwänden der Hafeneinfahrt und.....

James hustet, dann hustet er noch mehr und die Drehzahl geht auf praktisch null.

Wie letztes Jahr denke ich nur, nur da war der Wind für mich günstig.

Jetzt für mich nicht.

Ich prokel am Motor rum.

MISS SOPHIE ist ja als Stahlschiff für ihre Größe ein schweres Schiff, was um die 4-5 Tonnen auf die Waage bringt.

Wenn die einmal in Fahrt sind, sind die nicht so schnell aus dem Konzept zu bringen.

Das kommt mir hier jetzt zu Gute, in anderen Fällen würde es mein Problem sein.

Mein Blick geht zurück.

Schon hundert Meter zurück gelegt?

NEIN.

Dann streikt James entgültig.

Ich schmeiß die Großschot los, jage zum Groß, reiße die Bänsel weg, mit denen das Segel am Großbaum aufgeschlagen ist, hol das Großfall durch, das Fall klemmt aus irgend einem Grund, ich versuche rauszukriegen warum, zugleich ein Blick zurück und wie weit bin ich noch im sehr schmalen Fahrwasser, dann sehe ich, dass ich ein Bänsel vergessen habe, loszumachen, wegreissen, wieder das Fall weiter durchholen, zurück in Cockpit, großschot dichtholen, aber irgendwas klemmt, ich bekomme es nicht dicht.

Ein Panikblitz tobt durch mein Gehirn – aber schon wieder weg – Gehirn arbeitet: was ist hier los.

Die Großschot ist verheddert. Beim Entwirren der vierpartig geschorenen Leine rauscht sie aus, weil ich vergessen habe, das Ende mit einem Achterknoten zu versehen.

Auch das noch.

Und jetzt kommt es ganz Dicke.

 Beim wieder Einscheren in den Block vertörn ich die Schot und stehe mit einem völlig verwirrten Leinengewusel in der Hand da:

 Ein zweiter Panikgedanke topbt durch mein Gehirn – und ist schon wieder weg.

 Wo bin ich?

 Immer noch im Fahrwasser. So schnell läßt sich MISS SOPHIE nicht beirren.

 Aber ich drifte sehr am Rand und muss hier schleunigst wieder Fahrt ins Schiff kriegen.

 Großschot muss völlig aus gefädelt und wieder richtig eingegeschoren werden.

 Dauer vielleicht eine Minute.

 OK. Geschafft.

 Dichtholen.

 Unendlich langsam kommt über das Großsegel wieder Fahrt in das Schiff.

 Aber nicht in Richtung der Einfahrtsrinne, sondern gut 30 Grad querab.

 Wie weit bin ich weg? Könnten jetzt vielleicht 100 Meter sein.

 Und da mir nichts anderes übrigbleibt, als so hoch an den Wind zu gehen, wie möglich und auf alle Götter der Welt zu vertrauen, der MISS SOPHIE hier keine Steine in den Weg zu legen, weiter.

 Echolot: 2 Meter. Also Wassertiefe 2.80.

Ich brauche 1.50.

OK.

Aber Steine sieht mein Echolot nicht.

Also noch mal die Götter der Erde anrufen und für die MISS SOPHIE um Gnade bitten.

Dann bin ich draussen.

Puuuuhhhhhhhhh!!!!!!!!

Durchatmen.

Tief durchatmen.

Durch die Nase, langsam, ganz langsam, so tief in den Bauch hinein, wie es geht – und dann ganz langsam ausatmen, durch die Nase (alles weitere bei Helge Timmersberg, Mal durchatmen).

Der Panik-Power-Push.

OK. Dann also segeln, aber das wollten wir ja eigentlich sowieso.

 Und unter Segeln in meinen derzeitigen Heimathafen zu kommen, dass hatten wir ja letztes Jahr auch schon und da bin ich inzwischen ganz ruhig.

 Nach dem ich meinen erstenh Wegepunkt nach einer Stunde erreicht habe, beginnne ich für die jetzt folgenden 30 sm meine windvane einzurichten.

 Das ist ein bisschen Zuzzelarbeit, weil ich immer gleichzeitig Pinne und mit Blick zurück auf die Windfahne an den Steuerleinen der Windvane arbeiten muss, aber irgendwann stimmt die Einstellung und nun beginnt die Feinjustierung.

 Die Segel müssen möglichst optimal zum Wind eingestellt sein, dann muss die Windfahne in kleinen millimetergroßen Drehungen optimal zum Wind und zum Kurs getrimmt werden, - und wenn das geschafft ist, dann kann der Skipper Pause machen: er wird nicht mehr gebraucht, ausser, in 15-minütigen Abständen den Horizont nach etwaigen Konkurrenten abzusuchen, denn die sind in der Regel stärker.

 Wunderbar. Diese Holland Windvane steuert wirklich präzise, zuverlässig und auf allen Kursen.

 Die Anfangsgeschichte meines heutigen Törns ist schon verblasst, ich freue mich über dieses Gesegeltwerden, das wie von der Mutter als kleines Kind in den Armen geschaukelt werden von mir erlebt wird, und ich kann langsam den bis jetzt aufgebauten Stress abbauen.

 Der Wind konstant, halber Wind, MISS SOPHIE schaufelt durch die Wellen mit 5 – 6 knoten, ich liege in der Plicht, ruhe mich aus und bereite mich mental auf das Ankommen in Mersrags vor, wo es dann vermutlich stockduster sein wird.

 Unter Segeln.

 21:00 Uhr.

 Am Horizont geht die Sonne wunderbar unter, nur die dicke schwarze Wolkenbank gefällt mir nicht so richtig.

 Der Wind ist auf drei Beaufort runtergegangen, die schwarze Wolkenbank ist über mir, aber kein Regen kommt aus ihr raus, und dann bin ich in der Einfahrtsrinne nach Mersrags, es ist dunkel und ich muss jetzt sehr genau steuern.

 Bei dem Ansteuerungspunkt in diese Einfahrt hatte ich schon das Groß runtergenommen, weil ich im Hafen unter segeln, wenn ich an den Steg gehe, nur noch die Fockschot loswerfen will.

 Einen halben Knoten Geschwindigkeitsverlusst.

 Sag ich doch immer: Das Schiff wird durch die Fock gezogen und nicht vom Groß geschoben.

 Jetzt ist es stockduster.

 Die Tonnen sehe ich blinken, die beiden Signalleuchten der Hafeneinfahrt übereinander sehe ich auch, aber jetzt versuche ich die Hafeneinfahrt zu findne, die ja meistens durch ein rotes Bacxksortlicht und ein grünes Steuerbordlicht gekennzeichnet ist, aber in dem Lichterwirrwar dort vorne noch nicht richtig identivizieren kann, denn immer wieder versperrt mir die Fock den Blick nach vorn.

 Dann habe ich sie.

 Dann bin ich zwischen den Molenköpfen der Hafeneinfahrt, es ist stockduster und erschwerend kommt hinzu, das ein irre heller Scheinwerfer mir derart direkt ins Gesicht grellt, dass ich fast nichts sehen kann, denn alles andere ist ja duster.

 Na ja, ich kenne den Hafen und ich probiere mal, ob James vielleicht jetzt mir seine Dienste anbieten möchte.

 Nicht so richtig.

 Also weiter unter Fock in den Hafen rein, der hier nicht so richtig breit für solche Abenteuer ist, aber was solls, ich habe langsam Hunger, unter Deck habe ich noch einen leckeren selbstgemachten Eintopf im WOK und ich habe langsam wirklich Durst auf ein Schluck Bier, denn ich bin jetzt seit 15 Stunden am arbeiten.

 Zugegeben, während die windvane arbeitete, habe ich mich ziemlich gut erholen können, also nochmal ein Helau auf diese holländische Entwicklung.

 So, nun ahne ich schon meinen Anleger, Fockschot los und Ruder nach Steuerbord.

 Ganz sanft komme ich am Steg an, der Tampen für die Mittelklampe ist schon in der Hand, auf den Steg gesprungen, Tampen um die Klampe und MISS SOPHIE ist fest.

 Na ja, das es aus Bordmitteln noch ein feuchtfröhlicher Abend wurde, könnt ihr euch ja wohl selbst denken.

 22:00 war es, als ich fest war.

 

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