von Jörg Streese

Es kommt ein Moment im Leben eines Seemanns... Regentage - Lesetage

Es kommt ein Moment im Leben eines Seemanns... Regentage - Lesetage

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Published on August 21st, 2010 @ 19:10:30 , using 450 words,
Es kommt ein Moment im Leben eines Seemanns... Regentage - Lesetage

Es regnet schon seit zwei Tagen und ich widme mich dem Buch, das Caro mir geschenkt hat: Carsten Jensen: Wir Ertrunkenen.

So spannend und so gut geschrieben, dass ich hier einfach bleiben und nur noch lesen möchte.

Es ist die Geschichte der Heimatstadt Marstal dieses dänischen Schriftstellers auf der Insel ÆrØ, die in fiktionalen Geschichten verschiedener Menschen zwischen 1848 und 1945 erzählt wird. Und es ist die Geschichte des wirtschaftlichen Aufschwungs dieser Hafenstadt, die um 1900 die zweitgrößte dänische Schiffsflotte beherbergen wird und von den mutigen Matrosen, Kapitänen und Reedern, die in dieser Stadt leben und teilweise absonderliche Lebenswege gehen.Von ihren Träumen erzählt er in einer hinreissenden Sprache und der Frage, die immer neugierig im Hintergrund virulent bleibt: was ist das, ein menschliches Leben?

Und die Frage, wie die Seekarte aussehen muss, nach der man ein Leben durch die Riffe, Untiefen, Stürme, Kalmen und Meere steuert, dass weder die Gewalt, die diesem Leben zusetzt, zu gefühlloser Gegengewalt werden lässt, noch sich den Dingen einfach zu fügen, sondern die Dinge des Lebens so zu nehmen wie sie sind: "So ist es einfach" und trotzdem sein eigenes Ding zu machen. "Er lehrte uns diese große, allumfassende Akzeptanz. Er ließ die Umstände des Lebens direkt zu uns sprechen. Das Meer nimmt uns, aber es hat uns nichts zu erzählen, wenn es sich über unseren Köpfen schließt und die Lungen füllt." Denn erzählen könnnen nur wir Menschen - und uns dabei über die wesentlichen Dinge des Lebens verständigen.

Und er hat eine Begabung, dramatische Situationen zu poetisieren:


„ Es kommt ein Moment im Leben eines Seemanns, dachte ich, an der er auf Festem Grund und Boden nicht mehr länger zu Hause ist; und dann ergibt er sich dem Stillen Ozean, auf dem kein Land das Auge bremst, wo Himmel und Meer sich ineinander spiegeln, bis oben und unten ihre Bedeutung verlieren und die Milchstraße aussieht wie der Schaum einer sich brechenden Welle, wo der Erdball wie ein Schiff inmitten der fallenden und steigenden Brandung des Sternenhimmels rollt und die Sonne nur noch ein kleiner glühender Punkt im Meeresleuchten der nächtlichen See ist.

(…)

Ich erinnerte mich an einen Sommerabend zu Hause am Strand. Der Wind hatte sich gelegt, und das Wasser war ganz ruhig. In der Dämmerung nahm das Meer und der Himmel die gleiche veilchenblaue Farbe an, und der Horizont verschmolz. Der Strand blieb der einzige Halt für die Augen, und es schien, als wäre der weiße Sand der äußerste Rand der Erde. Genau auf der anderen Seite begann der endlose blaue Himmelsraum. Ich zog mich aus. Als ich den ersten Zug tat, war es, als würde ich hinaus ins Universum schwimmen.

In dieser Nacht auf dem Stillen Ozean hatte ich das gleiche Gefühl.“


Unbedingt lesen.

 

1 Kommentar

Kommentar von: Anette
Anette

Wirklich göttlich-Balsam für die Seele.

21.08.2010 @ 20:31


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