von Jörg Streese

Wörishöffer: Robert der Schiffsjunge: Hurra-Patriotismus im Jugendbuch

Wörishöffer: Robert der Schiffsjunge: Hurra-Patriotismus im Jugendbuch

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Published on August 27th, 2023 @ 11:43:00 , using 508 words,
Wörishöffer: Robert der Schiffsjunge: Hurra-Patriotismus im Jugendbuch

 

Wörishöffer: Robert der Schiffsjunge: Hurra-Patriotismus im Jugendbuch

Ich glaube, ich habe das Buch so mit 10 Jahren von einem Verwandten geschenkt bekommen und das einzige was ich daran erinnere ist, dass ich es nach dem Lesen nicht mehr in die Hand genommen habe und wenn ich es sah, in mir ein Widerwille zutage trat, den ich nicht näher erklären kann - aber es hatte mit der Kriegsbegeisterung zu tun, die dieses Buch auf den letzten drei Kapiteln durchtränkt.
Woher diese Aversion gegen Krieg kam, dafür habe ich nur sehr bruchstückhaft eine Erklärung .
In meinem Elternhaus, also von meiner Mutter wie von meinen Großeltern wurde über den Krieg nicht gesprochen - großes Schweigen.
Einen Freundeskreis hatte ich nicht.
In der Schule hatten wir 1957 im Gymnasium zum Großteil ehemalige Wehrmachtsangehörige, die noch nicht richtig wieder in die Zivilisation zurückgekehrt waren, sie hatten immer noch vor sich dumme Rekruten, denen so schnell wie möglich jeder Eigensinn ausgetrieben werden musste. Da liegt ein wichtige Grund meiner Aversion - diese unmöglichen Lehrer, die nichts aus der Geschichte gelernt hatten und auch nicht lernfähig waren - halt Soldaten, nur jetzt in Zivil, die einen Auftrag auszuführen hatten: Unterrichten.
Die paar Kontakte, die ich hatte, waren Jungs von sozialdemokratischen Eltern, so das ich gefühlsmäßig hier in guten Händen war. Und als ich mehr am Rande mitbekam, dass Deutschland wieder eine Armee bekommen sollte, dieses Land, was für zwei Weltkriege verantwortlich war (für den Ersten nicht so ganz allein), da wusste ich, wo ich zu stehen hatte.

So gibt es schon einige Ursachen, die meine Aversion gegen dieses Buch begründen können.

Aber jetzt etwas näher zu Wörishöffer's Robert (1877).

Robert hört in Amerika durch ZUfall in einer Kneipe von der Kriegserklärung Frankreichs gegen Deutschland 1870 (Wörishöffer, Kap. 11, bei den Comanchen):

"Es wirbelte in seinem Gehirn, das Blut pochte in den Schläfen, – ein einziger Gedanke verdrängte alle übrigen. Das Vaterland rief mit lauter Stimme von Nord und Süd die waffenfähigen Söhne zum Kampfe, – der König erwartete, daß keiner, keiner von allen den Tausenden zurückbleiben werde, wo es galt, die Stätte, an der
seine Wiege gestanden, vor Entehrung durch die Fremden zu schützen."

und ein paar Seiten später:
"Aller Zwiespalt war vorüber, alle Zweifel gelöst.

Es gab für ihn kein Ich mehr, keine persönlichen Interessen,

keinen Trotz gegen seinen Vater oder gekränkte Eigenliebe, – das bedrohte Deutschland rief, und er mußte folgen, gleichviel um welchen Preis."

Da haben wir die Theweleitsche ICH-Auflösung des Soldaten und sein Aufgehen in die körperlose Masse der Kameraden, nur hier sehr früh - und aus der Feder einer Frau.

Die weiteren Kapitel leben weitgehend vom Franzosenhass, der hier breit ausgewälzt wird, immer in der Rückschau auf den Krieg 1870, aber gemeint ist die Vorbereitung der Jugend auf den sich anbahnenden 1. Weltkrieg mit seinen 17 Millionen Toten.Der von hochgejubelte Krieg kostete 170.000 Soldaten das Leben und 230.000 hinterließ 230.000 verletzte Soldaten.

Soweit meine Versuche, die frühen Motive meiner Kriegsgegnerschaft zu rekonstruieren, woraus sich meine damalige Abneigung diesem Buch gegenüber begründet.

Hier kündigt sich langsam in immer häufigeren Regenschauern der Herbst an - und es wird recht früh dunkel - gegenüber vor 2 Monaten.

Illustration: In der Erstausgabe von Robert dem Schiffsjungen, Kampf mit dem französischen Schiff.

 

 

 

 

 

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