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Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker

Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker

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Published on August 4th, 2011 @ 16:20:59 , using 902 words,
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker
Törnbericht: Nach Montu auf der Insel Saaremaa - Montu bekommt den rostigen Anker

 

Morgens um 03:15 klingelt mein Wecker. In diesem Teil des Hafens ist es noch stockduster, während am gegenüberliegenden Hafenbecken schon hinter den Gebäuden des erste Tageslicht sichtbar wird (Bild 1).


Ich will eigentlich nach Roja, was schon im Rigaschen Meerbusen liegt, an der Westküste, aber der Weg ist einfach zu weit: 80 Seemeilen. Wenn ich mit gutem Wind 4 Seemeilen mache, sind das trozdem mindestens 20 Stunden – eher mehr, denn die Ausfahrt und die Einfahrt in die Häfen ist da noch nicht bei und ich segele auch nicht den Idealkurs, sondern wie beim Fahrradfahren in Schlangenlinien, also sind es nicht 80 sondern 90 Meilen und das heisst mindestens 24 Stunden bei einem idealen Wind, der mir für drei Kurse dienlich sein muss: zunächst Nord-Nord-Ost, dann Ost und dann Süd. Das kann eigentlich nur ein Westwind.

Wenn der Wind nicht so optimal ist, laufe ich mit drei Knoten und es sind dann 30 Stunden. Und in der Nacht schläft der Wind hier unter dieser Grosswetterlage ein, das heisst, wenn ich nicht motoren will, werden es dann 40 Stunden. Das ist einfach zu viel.


Deshalb habe ich mich entschlossen, nach Montu zu segeln, das liegt auf der weit in die Irbenstraße hineinreichenden Halbinsel der Insel Saaremaa, die zu Estland gehört. Das sind nur 53 Seemeilen, immerhin, und deshalb bin ich so früh aufgestanden, um hinten Reserve zu haben.


Nach den völlig ungewöhnlichen tagelangen Nord-Ostwind soll er heute zunächst aus Ost mit 2 – 4 Windstärken kommen um dann nach 12:00 Uhr auf Süd-Ost zu gehen, und das wäre ein für mich sehr günstiger Wind, denn mein Kurs verläuft zunächst Nord-Nord-Ost und wird dann ein Nord-Ost-Kurs bis kurz vor den Einlauf in den Hafen von Montu.


Der Wind kommt schwach aus Ost. Ich setzte Segel (Bild 2) und ich benötige ein wenig Zusatzkraft von James.


Um 07:00 ist der Wind auf Süd gegangen, schwachwindig, weiter muss James mitschieben. Nerv.


Um 08:00 habe ich den Leuchtturm Ovisu querab und der Wind schläft völlig ein.


Um 09:30 bin ich an meinem Wegepunkt in der Irbenstraße und mein Kurs geht jetzt auf Nord-Ost.


Um 10:00 geht der Wind auf NNW 2, so dass ich meinen Kurs gerade noch anlegen kann (Bild 3).


Um 11:05 höre ich den Wetterbericht vom DF, der sagt für mein Seegebiet SE – S 3 an. Ich habe NNW.


15:00 Habe ich meinen WP erreicht und kann nun auf die Insel Saaremaa zulaufen, über der sich eine schöne Cumuluswolke gebildet hat (Bild 4)


Um 16:00 bin ich völlig genervt von dem motoren und den völlig daneben liegenden Windvoraussagen und mache in Montu fest.


Dort steht auch schon ein älterer Mann an Land und kaum habe ich die Leinen fest, deutet er auf ein Schild, auf dem überdeutlich riesengroß geschrieben steht: „PORT FEE 16 EUR“ Bild 5).


Ich mach ihm deutlich, dass ich keine Euros habe, ich mit lettischem Geld bezahlen könne, oder aber mit dem Geld, dass hier seine Währung ist, mache ihm aber zugleich deutlich, dass ich äußerst überrascht über diesen Preis sei, für einen Hafen, in dem in den letzten 80 Jahren nicht ein Handschlag getan worden sei. Die Schwimmstege liegen noch immer an Land und rotten vor sich her, die Jörn Heinrich schon bei seiner Recherche 2005 an Land liegend vorfand (Bild 6).

Montu besteht im Grunde genommen lediglich aus einem großen Gebäude, das wohl mal für die Fischer da war - jetzt war kein einziges Fischerboot im Hafen.

Und einem Gebäude, das mal der Einklarierung diente und daneben die sehr guten sanitären Anlagen beherbergt. Sonst gibt es hier nichts.

Als ich ihm dies versuchte zu erklären und dann noch einmal sagte, ich habe keine EUR, macht er jetzt eine deutlich geradezu obszöne  Handbewegung, wie, wenn man einen lästigen Köter verscheucht: Ich solle verschwinden.

Ich wende mich ab und mache mir mein Abendbrot: Pellkartoffeln mit Dosenfisch und muss mich über diesen verkorksten Segel-Motor-Tag mit ein paar Bier und ein paar Wodkas beruhigen.


Das wird dann doch noch ein langer Abend, denn ich höre drei Hör-CD's: Moby Dick, und noch der eine oder andere Wodka findet seinen Weg zu mir.

Und der Hafen Montu bekommt den rostigen Anker für unfreundliches Verhalten.

Bild 7 + 8: Der Hafen von Montu und mein Liegeplatz


Anmerkung zum motoren:


Motoren ist für mich aus zwei Gründen so nervig.


Erstens habe ich die Philosophie, dass der Motor nur für die Häfen da ist und in Notsituationen, um einen aus dem Schlamassel zu holen. Denn wenn mein Denken beim Segeln anfängt, zweckrationale Gründe in Erwägung zu ziehen, warum man dann und dann dort zu sein hat, weil....., und deshalb motort werden muss, dann kann ich mich doch gleich ins Auto setzen und dort hinfahren. Segeln heißt für mich, der Weg ist das Ziel.


Und zweitens finde ich motoren so unendlich langweilig, dass ich dabei schlechte Laune bekomme.


Motoren regt in keiner Weise meine Sinne an, im Gegenteil, tötet sie mit unendlicher Eintönigkeit ab und das nervige Geräusch tut das übrige.

Was für ein Unterschied zum Segeln.

Da werden alle Sinne beansprucht, ich höre den Wind und achte darauf, wie er bei einer bestimmten Segelstellung sich anhört, ich sehe die Wellen, ich erlebe, wie sich mein Schiff bei welcher Windstellung wie bewegt, sich auf die Seite legt, wieder hochkommt, sich wieder auf die Seite legt, ich habe die Wolken im Auge, den Horizont, achte auf generelle Wolkenveränderungen, die eine Wetteränderung ankündigen könnten, ich achte auf die Kompassnadel, habe den Plotter im Auge, habe im Kopf die Seekarte, achte auf die Art der Wellen und und und.



Ich bin ganz im Jetzt.


Das ist gelebter Augenblick in seiner ganzen Intensität.


Deshalb segel ich.

2 Kommentare

Kommentar von: Karl
Karl

Das Geld, das “hier seine Währung ist", ist seit dem 1.1.2011 der Euro! Hierüber sollte man informiert sein, wenn man nach Estland segelt und dort festmachen möchte. Und dass der Hafenaufseher Dir als Skipper eines Bootes unter deutscher Flagge nicht abnimmt, dass Du keine Euros hast, ist nur verständlich! Mõntu gehört sicher nicht zu den besten Häfen auf Saaremaa, aber hierzu muss man wissen, dass er zu Sowjetzeiten Militärhafen war und vor ein paar Jahren für die (inzwischen wieder eingestellte) Fährlinie nach Ventspils umgebaut und etwas modernisiert wurde. Ganz allgemein gesprochen: mit dem Belegen Deiner Festmacher in einem Hafen unterwirfst Du Dich den Regularien dieses Hafens - und wenn dort 16 EUR Hafengeld fällig sind, dann ist das keine Verhandlungsbasis! Außerdem hast Du ja offensichtlich auch die - wie von Dir beschrieben - sehr guten Sanitäranlagen benutzt. Warum sollten die Betreiber des Hafens Dir diese kostenlos zur Verfügung stellen? Ich finde Dein Verhalten ausgesprochen schäbig! Das wirft kein gutes Bild auf Dich als Skipper und auf deutsche Segler allgemein. Die Esten bemühen sich, im Rahmen ihrer Mittel die Häfen in Ordnung zu halten bzw. zu bringen. Hafengeld ist Bringschuld und nicht verhandelbar! In Dänemark kann ich dem Automaten auch nicht sagen, ich hätte keine Kronen und außerdem gefalle mir der Zustand nicht. Wenn Dir der Hafen nicht gefällt, musst Du halt nach dessen Besichtigung wieder ablegen und Dir einen Dir genehmeren Platz suchen (z.B. Kuressaare oder Roomassaare), aber dort kostet’s 20 EUR!

22.11.2011 @ 10:52
Kommentar von:

Lieber Karl,

grundsätzlich hast du Recht.
Aber ich hatte, da ich seit Monaten in nicht-EURO-Ländern unterwegs war, wirklich keine EUR dabei und deshalb habe ich ihm angeboten, es in polnischer oder estländischer Währung zu zahlen - das hat er in seiner beschriebenen abfälligen Art und Weise abgelehnt.
Ein in erwanderbarer Weise erreichbarer EC-Automat war nicht zur Verfügung - ich habe danach gefragt - soweit das mit Gebärdensprache geht.

Ich bin weit entfernt davon, die Zeche zu prellen - vor allem in diesen Ländern, die sich wirklich bemühen - nur was sollte ich machen?

Übrigens habe ich lediglich einmal das WC benutzt - das Duschen habe ich mir auf diesem Hintergrund verboten.
Und von einer Steganlage, die diesen Preis rechtfertigt, habe ich ja die Bilder beigelegt.

Also, das war nicht das beste Verhalten - aber das war es von der anderen Seite leider auch nicht.

Kommt - hoffentlich -nicht wieder vor.

2.12.2011 @ 00:01


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