SUPER. ENDE.
Published on August 29th, 2010 @ 20:40:21 , using 809 words,
Der Wecker piepte um 07:00 Uhr und ich sah mir noch die Reste vom Sonnenaufgang an, der einen interessanten Segeltag versprach. Es war ein glorreicher Sonnenaufgang mit vielen Rot- und Orangetönen und zarten blauen Anteilen.
Und er wurde interessant.
Denn bis ich um 08:00 Uhr die Leinen löste, hatte sich der Himmel längst erwartungsgemäß in einen Schlechtwetterhimmel verwandelt (Morgenrot am Morgen, bringt dem Seemann Not und Sorgen), der Wind kam aus SW mit 4 - 5 Windstärken und das bedeutete zunächst halben Wind, dann in der Bockrinne sehr spitz gegenan und danach achterliche Winde.
Ich musste die Zecherinbrücke mit ihrer Öffnungszeit um 11:45 kriegen und das waren ca. 10 sm. Ich zog die Fock hoch und MISS SOPHIE stoop mit 4 - 5 kn los.
Mehrere wolkenbruchartige Regenschauer mit entsprechenden Windböen zwangen mich mehrfach unter die Cockpitpersenning, aber dass das T-Shirt-Segelwetter vorbei war, war mir ja eh klar und ich saß warm eingemummelt in meine Feuerwehrjacke im Cockpit.
Vor der Brücke war ich um 10:00 Uhr, weil ich mit diesem Wind und dieser Geschwindigkeit nicht gerechnet hatte und kreuzte ein bischen vor ihr hin und her, um die Zeit zu überbrücken - feilte noch ein bischen an meiner Technik beim kreuzen: die Fockschot loszuwerfen und auf der anderen Seite zu holen und gleichzeitig die Pinne zu bedienen, was, wenn viel Windkraft auf Segel kommt, manchmal eine Sache von Sekunden ist, bis die Sache aufwendig, kraftraubend und langwierig wird. Denn ich muss mich dafür von der einen Bordseite auf die andere begeben, gleichzeitig die Pinne in die richtige Führung bringen und sofort die freigegebene Fockschot ergreifen, um die Winsch legen und dichtzuholen, was bei dieser Windstärke nur unter Aufbietung aller Kräfte geht, die aber zudem nicht in optimaler Arbeitshaltung operieren können.
Naja - vielleicht nur für Segler interessant.
Die Brücke öffnete und ab hier erwarteten mich halbe Winde und ca. 17 sm, und ich fing an zu rechnen, ob ich es wohl bis zur Brückenöffnung um 16:45 in Wolgast schaffen würde - die nächste Öffnung war dann um 20:45. Denn zwischendurch schlaffte der Wind auf 3, kurzzeitig auch auf 2 Windstärken ab, fing sich aber immer wieder auf 4-5, und so war ich ununterbrochen damit beschäftigt, auszurechnnen, ob ich es wohl schaffen würde oder nicht.
Ich hatte mir eine Messlatte gesetzt: Würde ich bis zur Einfahrt in die Negenmark-Rinne bis 15:30 sein, wäre das Problem gelöst.
Als ich dicht unter der Küste der Halbinsel GNIT segelte, sah ich plötzlich über mir drei Seeadler sehr sehr weit oben, die ohne ihre Flügel zu bewegen, in immerwährenden Kreisen über dem Wasser und später dann auch über dem dortigen Weißen Berg kreisten.
Es liegt etwas sehr majästetisches in diesen Bewegungen, weil sie eigentlich keine Bewegungen sind und trotzdem als Bewegungen erscheinen und ja auch wirklich sind.
Es hat etwas mit dem Segeln zu tun: Auch da tue ich im eigentlichen Sinne auch nichts, ausser das ich die Pinne ein wenig in die eine oder andere Richtung bringe, aber das Schiff, auf dem ich mich durch die Welt bewege, stürmt voran, ohne das ich etwas dafür direkt tue: ich lasse machen, ich habe den Trick raus, den Wind für mich arbeiten zu lassen - so die die Geier da oben - ach, tschuldigung, die Seeadler da oben. Und das hat etwas unglaublich faszinierendes: die Elemente für sich arbeiten zun lassen.
Wieder zwang mich ein wahrer Wolkenbruch unter die Persenning, aber MISS SOPHIE schoss wieder los, dann schlaffte der Wind wieder ab und ich setzte zusätzlich das Großsegel - sofort machte ich anderthalb bis zwei Knoten mehr speed und konnte zudem die sehr spitze Höhe in der Negenmark-Rinne halten, die zudem auch sehr sehr schmal ist. Um 15:30 war ich vor der Brücke in Wolgast und hatte nun die Gelegenheit, bis zur Öffnung um 16:30 noch meine Segel in der jetzt aufkommenden Sonne zu trocknen - 1 Stunde hin- und herkreuzen vor der Peene-Werft.
Das war ein Segelabschluss, wie ich ihn mir gewünscht habe - Motor nur zum Ab- und Anlegen und ansonsten alles alles unter segeln - und zudem kann ich mir heute sagen, seglerisch alles prima gewesen. Nach 10 Stunden an der Pinne um 18:00 in Wolgast fest.
Morgen Mast legen, Motor winterfest machen, Segel zusammenlegen, Lebensmittel ausräumen, Sachen packen, Dienstag dann MISS SOPHIE an Land heben, einpacken und am Mittwoch nach Bremen, am Donnerstag dann mit Hellgar und Bernhardt in die Dolomiten, kraxeln (wandern) zwischen 2000 und 3000 Meter Höhe. Und danach versuche ich wieder in meinen Arbeitsalltag einzutauchen und ich kann mir im Moment garnicht vorstellen, wie das ohne den leicht schaukelnden Schiffsboden von MISS SOPHIE gehen soll.
Ich danke allen Lesern und Leserinnen für ihre Aufmerksamkeit und würde mich freuen, euch alle im nächsten Jahr ab Mai wieder auf dieser Seite versammelt zu sehen. Da geht es dann über Polen nach Estland und Lettland - na ja, und das eine oder andere Buch wird auch hier erwähnt werden und der eine oder andere Gedanke angestoßen durch das Deutschlandradio Kultur wird man dann auch wieder hier finden können.
Bis dann. Machts gut. Tschau.
... auf dem Weg ins Winterlager
Published on August 28th, 2010 @ 13:17:32 , using 446 words,
Zurück ins Winterlager
Die Sturmtage in Svinoujscien habe ich genutzt, an einem Abend einem angekündigten Jazzkonzert im örtlichen Jazzclub beizuwohnen.
Als ich da um 22:00 aufschlug, war gerade eine Rockgruppe noch am arbeiten und dann um 23:00 zur angekündigten Zeit wurden auf der Bühne selbstgeschriebene Texte von jungen Leuten deklamiert - so eine Art Slam-Poetry, die hier anscheinend zu einer Theater- oder Performanceveranstaltung, die über mehrere Tage ging, angereist waren – soviel konnte ich den polnischen Texten entnehmen. Das was da an Performance geboten wurde, war aber mehr oder weniger schlecht – bis zwei Jungs die Bühne betraten und den Vogel abschossen. Sie haben zu einem jazzigen Instumentalstück eine szenisch-pantomimische Performance geliefert, in dem sie die Musik als Instrumentalisierung eines Streites zwischen ihnen beiden inszenierten – und das war sooooo gut gemacht, dass es nicht nur mich von den Stühlen riss.
Irgendwann dann die Siegerehrung und dann um 02:00 der Jazz: Jazzrock vom allerfeinsten, wie ich ihn wohl so schnell nicht wieder hören werde, denn ich weiß noch nicht einmal den Namen der Gruppe, werde das aber noch versuchen zu recherchieren, denn alle waren hervorragend, aber der Gitarrist im besonderen. Die Seite ist nur auf polnisch im netz (unter FAMA swinoujscie) - also keine Chance, da was zu verstehen. Mal sehen, ob ich in Bremen jemanden auftreibe, der polnisch kann und vielleicht den Namen dieser Jazzrockgruppe herausbekomen kann - ich hätte sehr gerne eine CD von ihnen.
Um 5 war ich wieder auf MISS SOPHIE und machte um 09:00 die Leinen los.
Nach dem tagelangen Sturmgeheul der nun anfänglich sehr moderate Wind SW; als ich nach dem Kaiserkanal nach Westen abbog, wurde er zu W, wurde schwächer und ein Aufkreuzen irgendwann nicht mehr möglich, weil hier die Stellnetze bis dich an das betonnte Fahrwasser der Großschiffahrt führen.
Aber immerhin war es trocken und leidlich warm.
Um 19:30 dann in Mönkebude fest, wo am WE ein Haffseglertreffen stattfindet.
In der Nacht dann fiel das Barometer innerhalb von 8 Stunden um 10 Hektopascal und lieferte mal wieder 6 Windstärken verbunden mit einem 14 Stunden dauernden Regen, der nirgends angekündigt war und wohl ein sehr kleinräumiges Ereignis dieser Hafflandschaft gewesen sein muss.
Heute kommt der moderate Wind aus NW, aber morgen soll er auf SW gehen und darauf warte ich noch einen Tag, aber länger nicht, denn am kommenden Donnerstag muss ich in Nürnberg sein.
Also noch ein paar Tage auf MISS SOPHIE, dann muss ich sie in Wolgast winterfest einpacken, saubermachen und meinen Seesack schultern.
Hier im Hafen ist ein altes traditionelles Zeesboot beheimatet, dass einen Fährdienst nach Usedom betreibt und von vielen Fahrradtouristen genutzt wird.
Inzwischen regnet es hier schon wieder und es bollert dazu ein Gewitter und in der Nacht geht die Temperatur hier bis auf 14 Grad runter.
Der Herbst kündigt sich an
Published on August 25th, 2010 @ 15:42:45 , using 397 words,
Seit Tagen ist Schlechtwetter: für morgen sind beim Hafernmeister bis zu 10 Windstärken angekündigt - der Herbst schickt seinen ersten Herbststurm: W - SW 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10.
In der Nacht hatte ich das Gefühl, als würden manche Böen wirklich auf die Masten der hier im Hafen liegenden Yachten einprügeln, besonders natürlich auf die von MISS SOPHIE, denn die spührte ich körperlich, wenn wie ein Faustschlag eine Böe den Mast traf und sich MISS SOPHIE auf die Seite legte und die Festmacher aufgequält kreischten.
Ich stürze mich wieder in den Roman: Wir Ertrunkenen.
Denn er stellt nebenbei eine existenzielle Frage: was lernen Menschen und vor allem Menschengruppen, so, wie sie die Bevölkerung von Marstal eine solche Menschengruppe darstellt, aus dem, wie sie ihr Leben unter den jeweils gegebenen Umständen gestalten oder von den Umständen gestalten lassen? Und kann daraus irgendeine ethische, moralische, gesellschaftspolitische Konsequenz gezogen werden? Nein. Und doch Ja.
Nein in dem Sinne, dass es vielleich ein Lernen aus der Geschichte nur in sehr sehr kleinen, räumlich und zeitlich überschaubaren Räumen möglich ist und zudem jeder Mensch mit anderen Brillengläsern auf diese Welt sieht (auch wenn er sich einer Wissenschaft verpflichtet fühlt und versucht in ihren Kategorien zu denken - es bleibt eine von seinen Eigenarten gefärbte Art Wissenschaft). Das klingt alles sehr platt - wenn man es aber aus den Figuren dieses Romans heraus füllt, dann ist es eine prall mit Leben gefüllt Plattheit, die dann überhaupt nicht mehr platt ist und vielmehr die Wissenschaft zu einem kargen, leblosen Knochengerippe werden lässt.
Fast alle Figuren in diesem Roman scheitern in ihrem Lernen in ihrem Leben.
Aber wie sie scheitern, gerade das lässt sie zu Menschen werden, die in anderen Menschen ihre Brüder und Schwestern entdecken und darin liegt (für mich) das Lernen in der Menschheitsgeschichte: nicht in den jeweiligen Utopien einer Zeit, sondern in dem Entdecken und dem hinterherforschen, "dass es im Menschen etwas soziologisch Undefinierbares gibt, das uns mit allen anderen verbindet und die Triebkraft ist, wenn wir lesen und wenn wir schreiben: Der Drang, einen sich weit erstreckenden inneren Kontinent zu erforschen." (Carsten Jense).
Wir sind uns selbst ein Kontinent.
Und ihn zu erforschen, darum geht es. Und das geht nur, in dem wir in der Welt leben. Voll und bei, wie der Seemann sagt.
Ich muss mich jetzt mal langsam um meinen Winterliegeplatz kümmern.
Um mich in Bewegung zu halten, bin ich zum Strand gelaufen und dort lang fast bis Zinnowitz.
Zappinrinne - Swinoujscie
Published on August 21st, 2010 @ 17:14:02 , using 371 words,
Nach dieser stillen, ruhigen und warmen Nacht wache ich morgens um 7 Uhr auf und stehe auch auf, weil ein wunderbares Licht herrscht. Die Sonne funkelt im Wasser über den weiten See und ich überlege, noch eine weitere Nacht zu bleiben.
Aber irgendwie habe ich nach den langen Hafentagen in Stettin Lust auf Segeln und nach dem Wetterbericht um 11:00 Uhr mit SW – W 4 (5), sezte ich Fock und Groß und los geht’s.
In den kleinen Böen, die mit 5 Windstärken einkommen und die ich noch voll und bei segeln kann, geht MISS SOPHIE auf 7,3 Knoten – sagenhaft.
Über mir sehe ich wieder den Seeadler, versuche ihn mit dem digitalen Zoom zu kriegen, aber das Display spiegelt derart, dass ich nichts sehen kann. Dann plötzlich stürzt er senkrecht herab und kurz vor der Wasseroberfläche bremmst er sich ab, dreht sich mit weit ausgebreiteten Flügeln in der Luft und kommt mit seinen dolchartigen bewährten riesigen Greifern auf das Wasser zu, greift ins Wasser und hat einen Fisch der Größe in den Krallen, wie ich ihn auch gerne in der Pfanne hätte.
Als ich an einem der großen Richtfeuertürme querab bin, die die Fahrrinne der Oderquerung des Stettiner Haffs für die großen Seeschiffe markieren, die ganz in den Besitz von Kormoranen übergegangen sind, kommt der Seeadler angeflogen und nimmt auf diesem Turm Platz – und alle Kormorane fliegen aufgeschreckt davon: mit dem will hier keiner was zu tun haben.
Hinter mir kommt ein wunderschöner Zweimaster auf und ich entscheide mich für ein kleines Wettsegeln, was er natürlich für sich entscheidet – aber sehr viel später als ich dachte.
Die Fahrt auf der Kaiserfahrt, dem künstlichen Verbindungskanal der Swina mit dem Stettiner Haff und der Ostsee ist lang und langweilig, weil ich motoren muss, der Wind ist eingeschlafen – ansonsten könnte man hier auch segeln, denn breit genug ist er, auch wenn riesige Seeschiffe hier einem begegnen.
In der Port Jachtowy in der Marina Polnocna bekomme ich durch den hilfreichen Wink eines anderen Seglers noch den letzten Boxenplatz vor Heckboje und um 20:30 gibt es Resteessen von gestern und eine Flasche Wein wird entkorkt.
Weiterlesen.
Allerdings in der Kajüte, die mit Mückengaze verschlossen ist, denn hier sind Millionen fesssüchtiger kleiner Biester, die sich hungerig auf einen stürzen.
Eine Nacht in der Zappinrinne
Published on August 21st, 2010 @ 17:10:50 , using 195 words,
Es sieht nach Regen aus, aber ich will jetzt endlich hier los. WNW 4-5, das ist zwar die Richtung in die ich will, nämlich nach Swinoujscie (Swinemünde), aber ich will diesmal über den Dabiesee und dort verläuft die Rictung erstmal Nord und erst im Stettiner Haff würde ich aufkeuzen müssen.
Unter Fock schießt MISS SOPHIE mit 6 Knoten durchs Wasser.
Neben der WYSPA DEBINKA scheine ich ein Tonnenpaar falsch interpretiert zu haben, denn plötzlich spüre ich, dass der Kiel durch Seegras pflügt. Wie ich auch hinterher dieses Tonnenpaar interpretiere, es ergibt keinen Sinn, denn es führt direkt auf diese flache Stelle.
Als ich in die Zappinrinne einlaufe, die den DabieseeA mit der Oder verbindet, entdecke ich einen kleinen Anleger, der für die technische Versorgung eines Leuchtturmes dort angelegt wurde und ich beschließe, hier in dieser wunderbaren Einsamkeit zu bleiben und mich wieder den „Ertrunkenen“ zu widmen.
Wieder sehe ich über mir den Seeadler (oder einen anderen). Eine Schwanenfamilie übt sich in Geschwaderfahrt, es gibt eine zauberische Abendstimmung, ich backe Brot und koche (Gemüse im WOK und Sardinen aus der Dose) und dazu diesmal einen polnischen Wodka, den mir eine Verkäuferin empfahl: ZUBROWKA – Bison Gras Wodka.
Es kommt ein Moment im Leben eines Seemanns... Regentage - Lesetage
Published on August 21st, 2010 @ 17:10:30 , using 450 words,
Es regnet schon seit zwei Tagen und ich widme mich dem Buch, das Caro mir geschenkt hat: Carsten Jensen: Wir Ertrunkenen.
So spannend und so gut geschrieben, dass ich hier einfach bleiben und nur noch lesen möchte.
Es ist die Geschichte der Heimatstadt Marstal dieses dänischen Schriftstellers auf der Insel ÆrØ, die in fiktionalen Geschichten verschiedener Menschen zwischen 1848 und 1945 erzählt wird. Und es ist die Geschichte des wirtschaftlichen Aufschwungs dieser Hafenstadt, die um 1900 die zweitgrößte dänische Schiffsflotte beherbergen wird und von den mutigen Matrosen, Kapitänen und Reedern, die in dieser Stadt leben und teilweise absonderliche Lebenswege gehen.Von ihren Träumen erzählt er in einer hinreissenden Sprache und der Frage, die immer neugierig im Hintergrund virulent bleibt: was ist das, ein menschliches Leben?
Und die Frage, wie die Seekarte aussehen muss, nach der man ein Leben durch die Riffe, Untiefen, Stürme, Kalmen und Meere steuert, dass weder die Gewalt, die diesem Leben zusetzt, zu gefühlloser Gegengewalt werden lässt, noch sich den Dingen einfach zu fügen, sondern die Dinge des Lebens so zu nehmen wie sie sind: "So ist es einfach" und trotzdem sein eigenes Ding zu machen. "Er lehrte uns diese große, allumfassende Akzeptanz. Er ließ die Umstände des Lebens direkt zu uns sprechen. Das Meer nimmt uns, aber es hat uns nichts zu erzählen, wenn es sich über unseren Köpfen schließt und die Lungen füllt." Denn erzählen könnnen nur wir Menschen - und uns dabei über die wesentlichen Dinge des Lebens verständigen.
Und er hat eine Begabung, dramatische Situationen zu poetisieren:
„ Es kommt ein Moment im Leben eines Seemanns, dachte ich, an der er auf Festem Grund und Boden nicht mehr länger zu Hause ist; und dann ergibt er sich dem Stillen Ozean, auf dem kein Land das Auge bremst, wo Himmel und Meer sich ineinander spiegeln, bis oben und unten ihre Bedeutung verlieren und die Milchstraße aussieht wie der Schaum einer sich brechenden Welle, wo der Erdball wie ein Schiff inmitten der fallenden und steigenden Brandung des Sternenhimmels rollt und die Sonne nur noch ein kleiner glühender Punkt im Meeresleuchten der nächtlichen See ist.
(…)
Ich erinnerte mich an einen Sommerabend zu Hause am Strand. Der Wind hatte sich gelegt, und das Wasser war ganz ruhig. In der Dämmerung nahm das Meer und der Himmel die gleiche veilchenblaue Farbe an, und der Horizont verschmolz. Der Strand blieb der einzige Halt für die Augen, und es schien, als wäre der weiße Sand der äußerste Rand der Erde. Genau auf der anderen Seite begann der endlose blaue Himmelsraum. Ich zog mich aus. Als ich den ersten Zug tat, war es, als würde ich hinaus ins Universum schwimmen.
In dieser Nacht auf dem Stillen Ozean hatte ich das gleiche Gefühl.“
Unbedingt lesen.
Szczecin
Published on August 15th, 2010 @ 13:14:32 , using 359 words,
Szczecin
Natürlich war dies ein ganz besonderer Sonntag, den ich in Stettin verbrachte: ein Feiertag, an dem alles zu ist, einschließlich Museen und sogar die Touristeninformation am Hauptbahnhof war geschlossen. Ein Wunder, dass Züge und die Strassenbahn fuhren.
Meine Suche nach einem Internetcafé schlug fehl. Wohl auch an meiner mangelnen Verständigungsmöglichkeit, aber manchmal auch an einer ausgesprochenen Unfreundlichkeit einiger Polen: Manche hat der Sozialismus wohl so kaputt gemacht, dass sie in jedem Kunden einen möglichen Feind sehen, der ihnen das wegnehmen will, was sie eigentlich verkaufen sollten. Das ist nicht gegen mich gerichtet, sondern sie sind einfach so, wie bei uns auch manche Menschen schlicht und einfach nicht freundlich sein koennen.
Die Stadt ist recht groß, ca. 400.000 Einwohner; schöne alte, etwas heruntergekommene Bausubstanz der Jahrhundertwende und dazwischen ausgesprochen gelungene Neubauten – die Häßlichkeit deutscher Neue-Heimat-Architektur habe ich hier nicht finden können.
Als ich letztlich den Stadtkern zweimal durchquert hatte, ging ich in eines der wenigen Restaurants, die geöffnet hatten, das mit der besten polnischen Küche warb und das war der Volltreffer: Ente in Backplaumen eingebacken mit Kräuterkartoffeln und einem Salat und einem großen Bier für umgerechnet 9 EUR. Das Bild zeigt noch das Bier und den kleinen Garten, in dem ich gegessen habe. Leider habe ich mir weder den Namen des Lokals noch die Strasse gemerkt, so dass ich es wohl nicht wieder finden werde, denn morgen muss ich noch einmal versuche, ins Internet zu kommen. (Hab ich dann am Dienstag doch wiedergefunden, in dem ich mich schlicht und einfach meiner Intuition gefolgt bin: KUZNIA in der Slaska.)
Heute in einer kleinen Computerfirma habe ich die andere sehr freundliche Seite der Polen kennen gelernt. Ich schilderte ihnen mein Problem mit der W-LAN-Einwahl meines laptops und ein paar klicks und es funktionierte wieder. Was es kostern wuerde. Sie lachten einfach nur und ich ging beglueckt von dannen.
Meine Segel heute morgen, nach dem ich mich in den Akademischen Segelclub verholt habe, zur dort ansaessigen Segelmacherin gebracht: Grosssegel und Fock, beide muessen repariert werden. Morgen ist alles fertig.
War wohl erst mal mein letzter blog aus Polen, denn internetcafes gibt es hier nicht viele und in den kleinen Fischerdoerfern erst recht nicht.
SJM Szczecin
Published on August 14th, 2010 @ 12:50:16 , using 223 words,
In der Nacht regnet es.
Als ich um 07:30 wach werde, regnet es und ich verziehe mich mit dem von Lothar geschenkten Buch wieder in die Koje zurück: „Viva Polonia. Als deutscher Gastarbeiter in Polen“, von Steffen Möller, ein Kabaretist, der seine Liebe zu Polen durch Zufall entdeckt hat, polnisch lernte, Deutsch in Polen unterrichtet und schon bald einer der beliebtesten Darsteller einer sehr erfolgreichen Fernsehserie im polnischen Fernsehen ist. Sozusagen als Einstimmung auf das, was mich in Polen erwartet.
Und so beschreibt er eine der Eigenarten dieses Landes.
„Was sich auf Hochzeiten bewährt, funktioniert auch auf Ämtern oder in der Politik. Heute weiß ich, dass man in Polen alles widerrufen, ändern, verschieben oder absagen kann. Sogar Zeugenaussagen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss lassen sich neu bewerten, wenn den Zeugen in der Zwischenzeit eine bislang völlig verdrängte Erinnerung heimsucht. Nichts ist entgültig, immer findet sich irgendwo ein Hintertürchen. Generell gilt das Gesetz: Jeder hat das Recht auf eine fünfte Chance.(...) Trotzdem sehe ich insgesamt größere Vor- als Nachteile. Das polnische Modell ist menschlicher.“
Nach der Hälfte des Buches regnet es immer noch.
Mein Besuch der Stadt Stettin fällt heute flach. Denn auch am Nachmittag regnet es. Und damit auch die Möglichkeit, in einem Internet-Café einen neuen Blog zu schreiben.
Erst gegen Abend kommt zaghaft die Sonne durch.
Es gibt die Reste von Gestern
Die Oder rauf nach Szszecin
Published on August 13th, 2010 @ 12:45:48 , using 412 words,
Szczecin (Stettin) liegt 20 Seemeilen Oder-Aufwärts von der Odermündung ins Stettiner Haff, dort, wo mein jetziger Liegeplatz in Ziegenort ist. Bei dem N 2-4 sind das segelnd bei 1,5 bis 3 Knoten rund 10 Stunden. Also los.
Einlaufend Backbord ist das Ufer mit urwaldähnlichem Schilf-, Strauch- und Baumbewuchs versehen, steuerbordseitig beginnt schon sehr bald das Industriegebiet von Stettin längsseitig der Oder, mit einem Stahlwerk, Werften, Schrottplätzen, Krananlagen und dann tut sich irgendwann nach Stunden gemächlichen dahingleitens Stettin mit der imposanten Werft im Vordergrund und der dahinter liegenden Altstadt auf.
Als ich auf dem Weg dortin einem aufkommenden Frachter in dem dort sehr engen Fahrwasser sofort aus dem Weg segelte, tritt der Kapitän, als das Schiff neben mir war, aus der Tür auf den steuerbordigen Steuerstand und hob als Gruß und Dank seinen Arm. Das fand ich eine bemerkenswerte Reaktion – nicht sehr üblich in der Berufsschiffahrt.
Ganz anders indessen ein schwedischer Segler, der, anscheinend mit Motorschaden von einem polnischen Segler in den Oderteil geschleppt wurde, ab wo die Oder dann breit und zum Aufkreuzen geeignet ist, auf mich zukam, keinerlei Anstrengungen unternahm, mich, lediglich mit Fock auf ihn zusegelnd und damit nur beschränkt manöverierfähig, aus dem Weg zu gehen, was er mit einer kleinen Korrektur seines Ruders hätte bewerkstelligen können und ich in einem Manöver des letzten Augenblicks einer Kollosion aus dem Weg gehen musste – und einige sehr unschöne Worte wechselten von Bord zu Bord.
Schon auf der Höhe der rechtsseitigen Industriegebiete sah ich dann einen Seeadler hinter mir segelnd und als er vor mir sich in die Krone eines Baumes niederließ, konnte ich ihn fotografieren – allerdings nur mit dem digitalen Zoom, was das Bild sehr unscharf werden lässt – aber immerhin.
Als ich dann endlich um 20:00 Uhr im Yachthafen SJM im Dabie Male an einer Heckboje festmache, unterschätze ich zweimal die dafür erforderliche Heckleinenlänge und kann erst mit dem dritten Anlauf und einer 25 Meter langen Leine an der Kaje vorne festmachen.
Kurz darauf beginnt es zu regnen und sollte erst nach 24 Stunden wieder aufhören.
Es gibt, weil ich nach dieser langen Tour an der Pinne und der dazu gehörigen Aufmerksamkeit in diesem industriell sehr genutzten Oderabschnitt und dem komplizierten Weg zu dieser Marina durch diverse nach links und rechts abbiegende Seitenkanäle, ein nicht sehr kreatives zu Essen: Tortiglioni mit Tomaten, Zwiebeln, Knofi, Pilzen, Speck und Parmesamkäse – dazu natürlich der obligatorische Rotwein.
Draussen pladdert der Regen auf das Kajütdach von MISS SOPHIE.
Hier unten in der Kajüte ist es warm und trocken.
Mówiê tylko troche polski
Published on August 13th, 2010 @ 12:31:53 , using 439 words,
On the way: Mówiê tylko troche polski
11:05 höre ich noch einmal den Wetterbericht: NE bis E 3 – 4, also Stettin.
Mit 150 Grad am Kompass sause ich los, der gleichmäßige E zieht MISS SOPHIE mit 4 Knoten durchs Haff-Wasser und hoch am Wind steuert sie sich selbst. Der Kurs führt mich nah an das gegenüberliegende Ufer zur Odermündung ins Haff.
13:00 überquere ich die deutsch-polnische Grenze.
Und jetzt muss ich aufpassen, denn die hier aufgestellten Stellnetze ragen bis zu 3 Seemeilen ins Haff – und da habe ich auch schon eine endlos lange Kette von Pfählen im Wasser vor mir, dass ich einen Scghlag nach See machen muss. Nachts ist hier nur das Segeln entlang der betonnten Seeschiffahrtsstraßen möglich.
Dann dreht der Wind auf ENE und ich kann die Höhe besser halten, wird aber schwächer und bleibt bei 3 stabil.
Am Himmel wächst an Backbord ein Gewitter hoch.
18:00 bin ich in Trzebiez (Ziegenort) fest. Ich versuche noch in der örtlichen Fischgenossenschaft Fisch zu kaufen, was mir auch gelingt, allerdings kann ich mich zwischen den Fischen nicht entscheiden, weil ich nicht weiß, was es für Fische sind und wie man sie macht: Kochen, Dünsten oder Braten? Ich entscheide mich letztlich nach der Größe, denn die meisten sind einen halben Meter oder länger und ziehe mit drei kleinen Fischen nach Hause, die mir der Fischer schenkt – ich bedanke mich mit einer großzügigen Spende für die Kaffeekasse.
Auf dem Rückweg dann fallen schon die ersten Tropfen und als ich auf MISS SOPHIE springe, geht es los: Ich schaffe es gerade noch, die Steckschotten einzustecken, als die Hölle losbricht und eimerweise Wasser über das Schiff auskippt.
Tja, jetzt hatte ich die Fische und dachte, ich versuche mal mit meinem Fischbuch (Haftmann: Fisch frisch an Bord) herauszubekommen, was ich da gefangen habe. War aber nicht dabei. Jetzt mussten sie ausgenommen werden. Abver auch darüber ließ sich Haftmann nicht aus.
Gut, das ich damals an einem VHS-Kurs: „So operieren sie sicher daheim“ teilgenommen hatte und mich erinnerte, erstens: Messer scharf schleifen und dann mit einem beherzten Schnitt in den Bauch die Eingeweide freilegen. Gesagt, getan.
Dann die Fische schön saubermachen, entschuppen, säuern und danach einsalzen.
Draussen plattert es immer noch wie verrückt.
Ich dachte mir, ich mache die Fische so, wie ich sie immer mache: Drei Zwiebeln kleinscneiden und in Öl in der Pfanne glasig werden lassen und auf diesem Bett die Fische legen, Deckel drauf und schmoren lassen.
Sie waren lecker, hatten aber viele Gräten. Dazu hatte ich noch eine Kartoffel von gestern und zwei Tomaten.
Draußen regnet es immer noch.
Mit dem Studium der nächsten Törnziele in Polen gehe ich um 01:00 ins Bett.
Draußen regnet es.
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