von Jörg Streese

ich gehe fremd

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Published on Juni 9th, 2012 @ 22:45:23 , using 366 words,
ich gehe fremd
ich gehe fremd
ich gehe fremd
ich gehe fremd
ich gehe fremd

 

Am Freitag kommt der Wind aus Nord, schwach aber beständig bis abends, aber da will ich hin.


Lesen. Kochen. Träumen. Schlafen.


Am Samstag bin ich früh raus, weil der Seewetterbericht SE 3-4 strichweise 5 mit Richtungsänderung auf SW angesagt hatte und das ein idealer Wind für Ruhnu wäre.

Morgens gehe ich sicherheitshalber nochmal auf DF 06:40 Seewetter: SW 4, zeitweise 6. Jetzt sind aus den 5 schon 6 Windstärken geworden.


6 Windstärken von hinten, die bei Ruhnu auf kurze Distanz auf einen Untergrund stoßen, der von 40 Meter auf 5 Meter steigt? Nein Danke, das ist mir zu heiß.


Dem Hafenmeister berichte ich das, und er erlaubt mir, umsonst hier noch eine Nacht zu bleiben, weil ich schon diese Nacht mit deutschem Geld bezahlt hatte. Prima.


Dann tut sich was auf dem sehr schönen schwedischen Doppelender „Västanhav“ auf dem Steg gegenüber und schon ist der Eigner da, begrüßt mich und wir schnabbeln ein bischen auf englisch, was bei ihm wunderbar melodisch kommt.


Er (Charles und mein Bootsbauer Baiks von der hiesigen Werft, der mir meine Ruderpinne repariert hat) machen sein Schiff klar und wenig später bin ich eingeladen, einen Schlag auf See raus mitzusegeln. Charles kommt aus den USA, hat hier eine junge Lettin geheiratet und lebt jetzt hier und hat das Segeln seit drei Generationen im Blut.


Prima.

Bald sind wir bei bestem Segelwetter und wolkenlosem Himmel draußen, es weht mit 5, in den Böen 6, manchmal 7, aber die See ist ruhig, weil wir unter Landschutz sind.


Ich filme ein bisschen.


Als wir dann an die Kreuz wollen und das Vorsegel über die Winsch dichtgeholt wurde, brach plötzlich die Steuerbord-Saling und der Mast bekam eine bedrohliche Biegung im oberen nicht abgestagten Bereich.

In den Wind, Vorsegel runter und das Steuerbord-Want musste stabilisiert werden. Zurück.


Dann war plötzlich das Cap vom Skipper weg. Zurück.

Dann sehe ich es plötzlich, bekomme den Enterhaken in die Hand

und es ist wieder an Bord.


10 Minuten später das Gleiche.

Und wieder habe ich es am Haken.


Insgesamt also ein guter Tag und ich bin froh, morgens noch einmal den Wetterbericht gehört zu haben, denn bei dem Wind dort vor Ruhnu wäre es möglicherweise sehr sehr problematisch geworden.


Schaun wir mal, was der morgige Tag so an Überraschungen für mich hat.

 

Baltic Open und Enguresee

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Published on Juni 7th, 2012 @ 16:04:25 , using 414 words,
Baltic Open und Enguresee
Baltic Open und Enguresee
Baltic Open und Enguresee
Baltic Open und Enguresee
Baltic Open und Enguresee
Baltic Open und Enguresee

 

Die Baltic Open, die in dieser ersten Juni-Woche gesegelt wird, startet morgen hier von Marsrags nach Riga, weshalb heute langsam alle die Schiffe hier eintrudelten, die daran teilnehmen. Also wird es eng heute im Hafen.

Zur Begrüssung aller Regattateilnehmer hatte ich auf meinem Schiff grosse Flaggenparade aufgeheißt.

Bevölkerung war wenig da, was ich mergwürdig fand, denn auch in Mersrags ist ja so unheimlich viel auch nicht los. Naa gut.

Nur die Jugend war interessiert und blieb bis morgens um 3. Ich habe ein paar Biere getrunken, den Schiffbootsbauer wiedergetroffen und wir haben mehr oder weniger festgemacht, dass ich im Herbst hierher zurück komme, zumal das Winterlager hier ein Drittel von dem in Riga kostet und es ist Finnland noch sehr viel teurer sein wird. Und dann sollen hier über Winter ein paar grundlegende Dinge gemacht werden.


Als ich nachts noch einmal aufwachte, war es 1 Uhr und es war immer noch eine Resthelligkeit da. Die weißen Nächte fangen also hier schon an.


Am nächsten Tag, nach dem die Yachten auf die Reise gegangen waren, es sollte ein bis zwei Windstärken geben, lieh ich mir beim Hafenmeister ein Fahrrad und wollte zu dem Naturschutzgebiet, das um den Enguresee gebildet wurde. Es gibt dort einen sehr schönen Platz mit kleinen Privathäuschen, wo man wohl auch Boote mieten kann, von denen dort einige Dutzend auf einandergestapelt lagerten. Aber hier endete der Weg.


Aber ein Traumsee.


Ich hatte einen zweiten Weg entlang des Sees im Westen auf der Karte gesehen und dorthin wollte ich nun radeln. Schotterstraße, auf der die Einheimischen hier entlang brettern und mich immer wieder für Minuten in eine dichte Staubwolke hüllten. Nervig. Und der See kam nicht in den Blick. Irgendwann nach wohl 6 oder 8 Kilometern habe ich dann abgebrochen, weil sich die Straße auch wieder nach Osten wandte, also vom See weg.


Pause.


Die Landschaft ist hier einfach: Birkenwälder lösen Kiefernwälder ab und werden immer wieder durch Wiesen unterbrochen. Weit auseinandergestreut liegen hier die Holzhäuschen. Wenig angebaute Flächen. Viel Natur. Aber kein See in Sicht.


Auf dem Rückweg bin ich dann noch in dem kleinen Heimatmuseum, was wohl privat betrieben wird, vorbeigefahren. Nett. Liegt vor allem 1,5 Kilometer von der Straße entfernt in einem idyllischen Garten, der wunderbar gepflegt wird und auf dem Gelände steht noch ein weiteres Holzhaus, das man Mieten kann. 20 LATs den Tag. So idyllisch ruhig wird man es wohl selten noch auf unserem Planeten finden (+371 29266068).


Wenn man mal ein Buch schreiben will oder so was ähnliches - das hier wäre ein Ort dafür.

Mersrags - ein guter Ort

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Published on Juni 6th, 2012 @ 16:48:50 , using 266 words,
Mersrags - ein guter Ort
Mersrags - ein guter Ort
Mersrags - ein guter Ort
Mersrags - ein guter Ort

 

Am nächsten Morgen ging ich gleich früh morgens zu der kleinen Yachtwerft, die mir schon letztes Jahr aufgefallen war und sprach dort den jungen Mann an, der dort arbeitete. Sein Englisch war nicht recht zu gebrauchen, deshalb fragte er, ob ich Deutsch sprechen würde. Wunderbar. In der Schule gelernt. Ich erklärte ihm das Problem. Die Pinne sitzt auf einer Niroachse, in die in einer Nut ein kleines Metallteilchen greift, welches aber nicht aus Niro wie alles andere ist, sondern aus vor sich hin rostenden Eisen und in den 30 Jahren völlig korrodiert war und der Pinne ein großes Spiel gab, was den Pinnenautomaten (Admiral von Schneider) immer wieder aus dem Konzept brachte. Ob er mir das neu machen könne?


Sofort ging er ans Werk und was ich dann aus nächster Nähe beobachten konnte, war beste Handwerksarbeit. Dieses kleine Teilchen, ca. 20 mm lang, 3 mm dick und noch zusätzlich mit einer beidseitigen Nut versehen, wurde akribisch nachgebaut, langsam angepasst und eingebaut, noch zwei Dinge wurden schnell erledigt und das Ganze für 30 LATs.


Ich bin von der handwerklichen Kunst hier in dieser Werft so überzeugt, dass ich mich entschlossen habe, MISS SOPHIE hier her von Finnland zurück zu segeln, mein Winterlager hier in der Werft aufzuschlagen und ein paar grundlegende Dinge hier machen zu lassen.

War ein guter Tag.

 

Das Wetter versprach Sonne und Wind, also endlich Wäsche waschen.


Und heute Abend ist hier irgend wie Fete, denn eine Regatta findet hier irgendwie statt und während ich Wäsche aufhing, kam schon der Laster mit dem Musik-Equipment.


Schaun mer mal.

(Übrigens ist dieser Ort auch kommunal-politisch interessant: http://www.baltic-sea-energy.de/?p=1475)

 

Endlich los - von Riga nach Mersrags

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Published on Juni 5th, 2012 @ 16:28:43 , using 269 words,
Endlich los - von Riga nach Mersrags
Endlich los - von Riga nach Mersrags
Endlich los - von Riga nach Mersrags
Endlich los - von Riga nach Mersrags

 

Endlich los – von Riga nach Mersrags


Nach dem der Seewetterbericht bis 12 Uhr S 2-3 und danach rechtdrehend abnehmend ankündigte, wollte ich endlich los. Morgens um 8 Uhr löste ich die Leinen und unter Groß und Genua machte sich MiSS SOPHIE träge auf den Weg.


Zunächst musste das Ankerliegegebiet durchquert werden, wo ungefähr 10 Großschiffe lagen und dann wurde es auch schon immer weniger mit dem Wind und ich musste eingedenk der Entfernung von 36 sm James zur Arbeit bitten und setzte Admiral von Schneider an die Pinne. Der Wind kam jetzt achterlich mit ca. 6 kn, so dass die Genua leicht gefüllt blieb und der Geschwindigkeit noch einen Knoten dazu gab. Ja, und jetzt gab es eigentlich nichts mehr für mich zu tun.


So drömelte ich ein bischen herum, schaute den Wolkengebilden nach, las ein wenig, kümmerte mich um verschiedene technische Dinge, die ich noch zu machen hatte, aß ein wenig und so verging langsam die Zeit.

Eingedenk der Tatsache, dass ich in der Regel ungesichert an Bord herumturne, hatte ich mir eine 50 Meter lange schwimmende Leine auf einer Trommel gekauft, die ich in Zukunft hinter mir her ziehen wollte (30 Meter), um wenigstens eine Chance zu haben, beim Über-Bord-Gehen wieder an Bord zu kommen. Aber es ist wohl nur eine sehr geringe Chance.


9 Stunden rechnete ich bei dieser Geschwindigkeit bis Mersrags und so war es denn auch.


18:30 war ich in Mersdrags fest, der junge Mann, der hier den Yachthafen betreut, erkannte mich gleich wieder und ich konnte mich daran machen, was Warmes auf den Tisch zu kriegen.


Nicht der tollste Beginn - aber auf See muss man das nehmen, was man serviert bekommt.

Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert

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Published on Juni 3rd, 2012 @ 18:32:18 , using 688 words,
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert
Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert

 

Alle seelischen Höhen und Tiefen abgewettert


Als beim Wetterbericht plötzlich meine Schiffs-Batterie ihren Geist aufgab, hatte ich ein Problem. Denn nun brauchte ich eine neue, und zwar eine gute, denn ich habe nur eine Batterie an Bord und möchte das auch so beibehalten. Und mir war auch klar, dass ich vor vier Jahren, als ich diese Batterie neu erstanden hatte, ich gleich eine Tiefentladung über mehrere Wochen verursacht hatte, die der Batterie wohl einen Knacks gegeben hat.


Den Hafenkapitän dieser Anlage angesprochen, fragt der nach der Amp-Zahl, und als ich 100 angab, guckte er kurz auf eine Batterie, die dort auf dem Werktisch stand und sagte „take this“ und gab sie mir, sie stamme aus dem Motorboot dort drüben, der habe jetzt eine neue.


Obwohl ich doch auch ein bischen skeptisch über den Zustand der Batterie war, schob ich überglücklich mit dem schweren Ding von dannen. Doch ich sollte mich täuschen. Alles bestens. Dafür bekommt er einen guten russischen Wodka.


Seit zwei Tagen trägt MISS SOPHIE ihre homepage jetzt auch auf ihrem Rumpf. Da die Domain www.miss-sophie.de schon vergeben war (aber der Inhaber von ihr keinen Gebrauch zu machen scheint) fand ich diese Seite in der Schweiz noch frei und habe sie mir gleich gesichert, denn da wird ja auch Deutsch gesprochen. Jetzt kann man auch über diesen link auf meine Seite kommen:


www.miss-sophie.ch


Da ich eigentlich nach Sichtung der Wetterverhältnisse am Sonntag nach Mersrags wollte, um von dort auf die kleine Insel Ruhnu zu kommen, musste ich dann aber in den Seewetterberichten abends feststellen, dass für das großflächige Tief über Stockholm für den Rigaer Meerbusen Wind von 6 Beaufort anzeigt wurde, und ich habe für mich entschieden, das ist mir für den Anfang zu viel.

Mit dem Studenten hatte ich mich für den Spätnachmittag dann verabredet, dass er mir hilft, ein Netzgerät für meinen Laptop zu erstehen, denn ich will es nicht mehr über die Schiffs-Batterie betreiben.


In einem riesigen Einkaufzentrum wollte mir der Verkäufer das nicht verkaufen, weil er meinte, die Gefahr sei zu groß, dass da nicht der für mein Laptop notwendige Anschluss-Adapter dabei sein könnte und dann würde ich das Gerät wieder zurück bringen und die Originalverpackung sei dann hin (zumindest habe ich ihn so verstanden).

Als ich trotzdem das Gerät eigentlich kaufen wollte, stellte ich mit Erschrecken fest, das meine EC-Karte nicht da war.


Panik und Entsetzen durchzüngelten meinen Kopf. Zu Hause habe ich dann erst mal alles durchsucht, was auch nur in Frage kommen könnte, dass sie dort irgendwo gelandet sein könnte.

Nichts.

Dann habe ich einen Zettel genommen und bin alle Situationen durchgegangen, wo ich mein Ausweishülle benutzt hatte, habe mir die Läden notiert und bin am nächsten Morgen dort gewesen und habe nach einer möglichwerweise abgegebenen EC-Karte gefragt. Nichts.

Dann habe ich mich bei meiner Bank eingeloggt und bin die Abbuchungen durchgegangen, denn das letzte Mal hatte ich die Karte sicher vor 5 Tagen in der Hand gehabt. Aber hier war alles in Ordnung. Habe dann die Karte sperren lassen.

Trotzdem macht mich die Sache unruhig, weil mir das zum ersten Mal passiert ist.


Am Samstag dann trotz meiner inneren Unruhe wegen der verlorenen EC-Karte nach Riga gefahren – es regnete den ganzen Tag – und in allen einschlägigen Einkaufzentren nach einem Netzteil für meinen Laptop gesucht. Nichts.

Irgendwann bin ich dann frustriert am Zentralbahnhof langgegangen und dachte, ich erkunde jetzt einfach mal den Stadtteil, der von der Marijas Iela / A.Caka Iela durchkreuzt wird, so mit dem Hintergedanken, dass mein interesseloses Herumflanieren MICH vielleicht Durch Zufall zu einen Laden führen könnte, wo Computerfreaks einkaufen gehen, denn die gibt es hier ja auch, und was sehe ich? Ein kleiner Laden, so groß wie bei mir zu Hause das Badezimmer, innen aber sehr geordnet in Glasschränken diverse Computerteile und da sehe ich dann auch schon Netzgeräte. Der Inhaber spricht gut englisch und schon hat es das entsprechend richtige Netzteil in der Hand. 20 LATs – billiger als die Dinger in den großen Shops. Überglücklich ziehe ich von dannen.


Ein paar Tage, die es in sich hatten. Nur diesmal nicht seglerisch.

Die beiden Wolkenbilder sind durchaus auch ein Ausdruck meiner seelischen Verfassung in diesen Tagen  gewesen.

Lokaler Sturm

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Published on Mai 30th, 2012 @ 19:30:27 , using 251 words,
Lokaler Sturm
Lokaler Sturm
Lokaler Sturm

 

Lokaler Sturm


Nach dem es gestern den ganzen Tag geregnet hatte und natürlich Nordwind war, der sehr moderat und nicht über zwei Windstärken kam, scheint die Nordwindära auch nach 9 Tagen nicht beendet.


In der Nacht dann wachte ich durch heftige Bewegungen von MISS SOPHIE auf und dann hörte ich draußen den Wind heulen. Die Bewegungen von MISS SOPHIE, die heftig durch die Wellen an den Leinen riss und durch den Winddruck auf dem Mast sich immer wieder auf die Seite legte, trieben mich nach draußen, wo es kalt war, es regnete waagerecht und der Sturm peitschte mir ins Gesicht, so dass ich sofort hellwach war. Die Vorderleinen habe ich durch dickere Taue verstärkt, musste dabei scharf aufpassen, bei den heftigen Bewegungen des Steges nicht das Gleichgewicht zu verlieren und war froh, schnell wieder unter Deck zu sein, denn das war kein Ort für solch frühe Stunden (zwei Uhr Nachts).

Aber den Windmesser habe ich dann doch noch schnell einmal an die Luft gehalten: in Deckshöhe in den moderaten Stellen Windstärke 7, in den Spitzen zumindest in Salingshöhe Windstärke 9.

Kein Wetterbericht hat dies angekündigt und die Windkarte oben auch nicht, aber sie scheint darauf hinzudeuten, dass es ein sehr lokaler Vorgang gewesen ist.

Aber auf ihr ist sehr schön zu sehen, wie Riga im Fokus dieses sehr loklalen Tiefdruckgebietes liegt.

Erst gegen Mittag ebbte das Geschehen dann langsam ab und es wurde wieder ein normales Leben an Bord möglich. Aber draußen: nass, kalt, windig, ungemütlich.

Tja, ob ich hier jemals wegkomme?

 

you can't always get what you want

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Published on Mai 28th, 2012 @ 19:16:28 , using 393 words,
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want
you can't always get what you want

 

Bis Ruhnu, dieser kleinen Insel Lettlands im Rigaer Meerbusen, sind es mindestens 65 sm. Selbst mit einem Durchschnitt von 5 kn wären das mindestens 13 Stunden – mindestens, denn diese Geschwindigkeit lässt sich natürlich nicht über 13 Stunden durchhalten und dann werden es schnell 15 oder 16 Stunden und in der Nacht kann ich dort nicht einlaufen, denn die Einfahrt ist sehr sehr schmal und wenn dann nur mit unbefeuerten Tonnen bestückt. Also muss ich entweder von vornherein einen Nachttörn einplanen oder eine Zwischenstation einlegen, z.B. in Mersrags, wo ich ja letztes Jahr schon mal war. Alle diese Ziele liegen aber nördlich bis nordwestlich.

Und seit dem 20. Mai bestimmt ein über dem westlichen Norwegen liegendes riesiges Hochdruckgebiet die Windrichtungen – und die kommen mit wunderbarem Wetter aus dem Norden. Und zwar jeden Tag. Seit dem 20 Mai. Mit Sonne. Und bestem Segelwetter.


Was mnacht man da?

In der Sonne liegen und lesen.


Precht: Wer bin ich und wenn ja, wie viele?

Branden: Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls (sehr wichtig)

Kirchner: eher rau

Erdmann: Tausend Tage Robinson mit einem Schiff meiner Größe einmal um die Welt mit seiner Frau


Und abends kochen.


Und zwischendurch immer wieder Arbeiten am Schiff:

Verkabel und montiere meine 4. kleine Solaris Solarzelle, die sehr effektiv ist und immer in einer guten Position zur Sonne gebracht werden kann.

Montiere meinen Sprayschutz ab und wasche ihn. Eigentlich sieht MISS SOPHIE ohne viel schöner aus.

Alle Matrazen raus und ausgeklopft (sind ziemlich viele finde ich).


Und betreibe zwischendurch immer wieder Meditation, weil ich unruhig bin, weil ich hier nicht wegkomme, weil ich meine, meinem Selbstwertgefühl es schuldig zu sein, hier nun endlich die Fliege zu machen.

Da muss mit hart Ruder gegengesteuert werden – und das geht am besten auf sanfte Weise – mit Meditation.


Ja, und denn ist da noch trauriges zu vermelden. Eines morgens finde ich das Nest auf dem Dalben, auf dem ich immer vorbeikomme, wenn ich auf dem Steg an Land will, ohne brütende Möwe und auf dem Steg Reste von der Ausfütterung des Nestes. Nesträuber haben gewütet und auf einem anderen Dalben sehe ich das Mövenpaar, das konsterniert wirkt – wenn man das mal mit menschlichen Reaktionen vergleichen will.


Ja – und wenn ich dann trotzdem zwischendurch deprimiert bin, schmeiß ich das Stones-Video auf meinen laptop: You can't always get what you want .......

Segel bedeutet, manchmal auch seelische Untiefen bewältigen zu müssen.

Ich berichte weiter.

Alltag auf dem Schiff in Riga

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Published on Mai 21st, 2012 @ 20:14:07 , using 708 words,
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga
Alltag auf dem Schiff in Riga

 

Am Freitag klarte sich das Wetter auf, es hörte auf zu regnen und dann und wann zeigte sich die Sonne. Und dann gibt es auf dem Weg zum Yachtcenter ein paar schöne Hausgärten mit blühendem Flieder.


Am Nachmittag dann hatte die Sonne die Oberhand bekommen und strahlte aus blauem Himmel. Jetzt konnte ich die mit Epoxy sanierten Deckstellen zweikomponentig spachteln – für einen entgültigen Anstrich hatte ich keine Decksfarbe mit – das muss nächstes Jahr geschehen, denn hier könnte ich nur auf gut Glück eine Farbe bekommen, denn die Inhaltshinweise sind in lettisch, estländisch, litauisch und russisch – möglicherweise manchmal auch in englisch, nur das alles hilft mir wenig.


Als ich eben die Bilder von meinem Camcorder überspielen wollte, habe ich wohl einen falschen Befehl eingegeben, denn sie wurden alle geschlöscht. Deshalb gibt es diesen Bericht auch erst am Montag, wenn ich die notwendigen Bilder ersetzte habe.


Am Samstag musste ich die Mastkrümmung korrigieren, dann brachte ich am Heckkorb eine Achterleine mit Trommel an für die hier öfter anzutreffende schwedische Anlegeform, vorne an einem Steg oder einem Felsen festzumachen und achtern vor einem Heckanker zu liegen. Meine dafür gebraucht gekaufte Leinentrommel hat keine Kurbel dabei gehabt. Die musste ich mir nun mit Eigenmitteln selbst anfertigen – glücklich bin ich bei dieser Lösung noch nicht.


Heute habe ich das Boot aufgeklart und dann mit dem Hochdruckreiniger gesäubert. Danach eine kleine schöpferische Pause eingelegt, etwas zu Essen gemacht und dann mich wieder dem Studium der russischen Seekarten gewidmet, die nun mit meiner etwas älteren digitalen Seekarte abgeglichen werden müssen und ich muss mich entscheiden, ob ich damit sicher durch diese komplizierten Gewässer komme, die teilweise im nördlichen Bereich äußerst kompliziert und eng sind. Ich habe mir hier die Adresse eines auf Seekarten spezialisierten Laden geben lassen, den ich morgen in Riga aufzusuchen gedenke und dort versuchen, neuere digitale Karten mit meinen Kartensatz zu vergleichen und mich entscheiden, ob ich da noch mal investieren muss.


Wenn immer ich hier am Steg langgehe, komme ich an dieser brütenden Möve auf einem der Stahldalben vorbei, die dann ganz hektisch auffliegt und bisher in Sturzflügen auf mich losging.

Nun haben wir uns folgendermaßen geeinigt. Ich schaue sie überhaupt nicht mehr an, tue so, als würde sie nicht existieren und sie bleibt brüten und meckert nur ein bischen über die Störung.


Als ich am Montag loswollte, ging gerade ein schweres Gewitter über Riga los und es krachte ohrenbetäubend und die Blitze tobten sich über der Stadt aus. Dann fing es an zu regnen und ich stand mit dem lettischen Studenten, der hier wohl gegen Bezahlung den Rumpf eines großen Regattabootes poliert, unter dem Dach des Yachtcenters und wir plauderten eine Weile auf englisch miteinander. Dann klarte es auf und ich machte mich auf den Weg nach Riga.

Ich hatte mir vorgenommen, den Weg in den Norden zu dem Laden für Seekarten zu Fuß zu gehen, um gleichzeitig auch noch ein wenig von Riga mitzubekommen.

Das wurde ein weiter Weg und ich machte Pause in einer kleinen Gaststätte, die draußen ihre Tische und Bänke hatte und aß für 2.20 ein gutes kleines Gericht. An einigen großartigen Hausfassaden mit diesen Karyatiden kam ich vorbei und am Jazzfestival, dass aber erst im nächsten Monat sein wird. Irgendwann, nach dem ich einige öde Industriequartiere auf der Hauptstraße durchquert hatte, stieß ich dann auf ein neues großes Gebäude, in der auch diese Seekartenverkaufstelle untergebracht war.

Nach einigem hin und her erfuhr ich dann, dass es in den lettischen Ländern keine digitalen Seekarten zu kaufen gibt. Sehr merkwürdig.

Also zurück, nun aber mit dem Bus.


Hier in der Marina sprach ich dann den Studenten darauf an und er war verwundert und ging mit mir dann zu einem der Mitarbeiter hier in dem Yacht-Center und der bestätigte dies. Aber er meinte, da würde sich hier nicht viel ändern, ich solle ruhig mit meiner älteren Karte fahren. Aber in Finnland könne ich die digitalen Karten vergessen, da brauche ich die finnischen Kartensätze auf Papier.

So richtig glücklich bin ich darüber nicht, denn mein russischer Kartrensatz sagt über den obigen Hafen auf Ruhnu auch nicht mehr, nur mein Handbuch Lettland von Jörn Heinrich ist da präzise – umfasst aber lediglich die letzte Seemeile vor dem Hafen.


Na gut, dann müssen wir es so versuchen.

Schlechtwetter

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Published on Mai 17th, 2012 @ 22:30:29 , using 294 words,
Schlechtwetter
Schlechtwetter
Schlechtwetter
Schlechtwetter

 

Seit gestern regnet es eigentlich ununterbrochen. Also eigentlich nieselt es ununterbrochen.


Gestern habe ich mich deshalb hinter einem Buch verkrochen. Mal wieder „Die Kreuzfahrt der Nona“ von Hilaire Belloc, einem englischen Schriftsteller und Politiker, der seine Nona, ein hölzernes Dreißig-Fuß-Schiff ohne Motor, in den ersten 30 Jahren des letzten Jahrhunderts an den englischen Küsten gesegelt und darüber ein wundervolles Buch geschrieben hat, was zum ewigen Bestand der Schiffsbibliothek der MISS SOPHIE geworden ist und ich glaube, ich möchte seine Reisen noch einmal in meinem Leben mit meiner MISS SOPHIE nachsegeln – allerdings nicht die dramatischen Situationen wiederholen, von denen einige in seinem Buch lebendig vor Augen kommen.


Zur Tradition gehört es inzwischen auch, dass ich am Anfang meines Lebens auf MISS SOPHIE mir „Moby Dick“ von Herman Melville in der 14-stündigen Hörfassung anhöre und damit den jeweiligen Arbeitstag gemütlich auf der Koje liegend beende. Damit habe ich vor 17 Tagen angefangen. Und manches Kapitel zweimal gehört. Es ist jedesmal ein richtiges Eintauchen in diese verschollene Welt. Und es ist diese wundervolle bilderreiche Sprache, die ich an dem Buch so liebe.


Heute nun wurde es ernst.

Ich habe meine Seekarten neu klariert. Die über 100 Karten nach Seegebieten gruppiert und mit Bändseln gebündelt. Und dann habe mich in die Karten und Törnbeschreibungen des nördlichen Teils des Rigaer Meerbusens vertieft, weil ich davon nur einen russischen Kartensatz habe, in der natürlich die Fachwörter in russischer Sprache enthalten sind und die muss ich jetzt umdenken lernen, bzw. mir ihre Bedeutung aus anderen Karten mit den gleichen Symbolen erschließen. Also eine Arbeit, bei der es draußen ruhig den ganzen Tag regnen darf. Was es dann auch tat.


Aber an Deck warten auf mich notwendige Arbeiten, für die ich Trockenheit brauche. Also wollen wir dem Wettergott ein paar wohlwollende Gedanken senden.

Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken

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Published on Mai 16th, 2012 @ 12:09:32 , using 279 words,
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken
Arbeit, Rost, und Sonne und Wolken

 

Riga – Latvijas Jahta


Das Wetter pendelt hier zwischen wundervoll sonnigen und warmen Tagen und dann wieder eistkaltem Wetter aus Nord-Ost. An einem dieser sonnigen Tage kam dann gerade "Mein Schiff" den Fluss hoch, um in Riga festzumachen.


Lange habe ich gezögert, mit meinem defekten Rücken mich an den Mast zu wagen – aber dann habe ich entschieden, ihn über die Winsch hochzuziehen. Dafür musste ich die dreifach geschorene Schot noch einmal um 10 Meter verländern und mein Problem war, wenn diese Palstegs (nicht sich zuziehende Knoten) über die Winsch laufen, ob das problemlos gehen wird. Es geht! Und dann habe ich in kleiner Übersetzung den Mast, der ja mit einer Dreifach-Talje hochgezogen wird, weil enorme Käfte am Anfang notwendig sind, das Gewicht des Mastes zu ziehen, mit der Winsch zentimeterweise hochgekurbelt. Und dann stand er.


Am nächsten Tag habe ich das Großsegel eingeschoren, die Reffleinen neu verlegt und MISS SOPHIE wurde wieder ein Segelschiff.


Nun musste ich mich an die leidige Aufgabe machen, mein nicht fachmännisch saniertes Deck zu entrosten. Eine nervige und frustrierende endlose Arbeit.


Dann mit Acrü Epoxy-Primer grundieren und danach, wenn notwendig zweikomponentig Spachteln, dann streichen.


Als ich geprimert habe, ziehen bedrohlich dunkle Wolken auf – aber es bleibt trocken. Der Wind ging im Laufe des Tages mit 2-3 Windstärken einmal durch den ganzen Kompass, das Sturmglas entwickelt beachtliche Kristalle und insgesamt ist es eine sehr unbeständige Wetterlage.


Wenn es trocken bleibt, kann ich diese unbeständige Wetterlage gut benutzen, mein Deck fertig zu bekommen – dann sehen wir weiter.

Und mein Rücken macht auch immer weniger Ärger. Alles wird gut.

Hallo Franka und Matthias,

ich wünsche euch einen wunderbaren Törn und bin gespannt auf eure Berichte.

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