7 Stunden aufmerksam an der Pinne: von Dirhami nach Lohusalo
Published on Juni 28th, 2012 @ 10:26:58 , using 670 words,
Der Seewetterbericht sagte NW 4-5, nach 12 Uhr auf W 3 abnehmend voraus, später auf West gehend, Welle bis 1,5 Meter.
Um 11 Uhr bin ich dann los, habe noch im Hafen das Groß gesetzt und mit Groß und Motor aus der Bucht heraus, weil ich den Wind da sehr spitz gegenan hatte.
Als ich auf meiner Kurslinie 60 Grad war, die mich bis in die Bucht von Lohusalu bringen sollte, versuchte ich die Fock dazu zu setzen, aber sie fiel wegen Wind platt von achtern immer wieder ein, so dass ich sie wieder runter nahm.
Jetzt begannen 25 sm vor diesem Wind, der mir keine Sekunde Loslassen der Pinne gestattete, denn der Wind hatte gute 4, manchmal denke ich war da auch eine 5 drin, denn MISS SOPHIE lief nur unter Groß zwischen 5,5 und 6,5 kn und manchmal ging es auch bis zu 7,5 kn, wenn sie gleichzeitig von einer sie überholenden Welle auf den Buckel genommen wurde.
Das war anstrengend, denn bei den Rollbewegungen musste ich acht geben, dass der Großbaum nicht unfreiwillig überkommt.
Irgendwann hatte ich mich in der Plicht so eingeklemmt und eingemummelt – es war relativ kalt und ich hatte meine Feuerwehrjacke und Handschuhe an – dass ich mehr intuitiv als bewusst mich auf Welle, Wind und Schiffsbewegungen eingestimmt hatte und das Steuern eigentlich ganz intuitiv passierte - sozusagen nebenherlaufend zu meinem aktuellen Bewusstseinsakten, die aber auch eher sich treiben ließen.
Immer wenn der Wind mal wieder Richtung 5 ging, schaute ich ein wenig skeptisch ins Segel, dann nach achtern in die sich immer höher aufwölbenden Wellen, die jetzt in der Regel 1,5 bis 2 Meter hatten, dann wieder ins Segel und überlegte: Groß runter und Fock rauf oder noch stehen lassen?
Ich entschioed mich für stehenlassen, denn ich hatte MISS SOPHIE gut im Griff und damit auch das Groß und eine Halse war kaum zu erwarten und MISS SOPHIE lief gut vor diesem Wind und machte ihre Meilen.
Nur wieder meine Wasserflasche wieder aufzufüllen war mir dabei nicht vergönnt, noch mir ein paar Kekse raufzuholen. Ich musste an der Pinne bleiben und aufmerksam steuern, 7 Stunden lang.
Ein paar mal passierte es, dass eine der nachfolgenden und mich überholenden großen Wellen von schräg achtern plötzlich neben mir stand und mich ein bischen von oben her anglotzte: aber nicht bissig, sondern freundlich herablassend, denn die Buckel waren noch rund und gutmütig. Trotzdem war es, als wenn mein großer Bruder plötzlich neben mir kleinem Kind steht. Ich hätte die Hand ausstrecken können und ihr über der Seereling über den Buckel streicheln können – aber in dem Moment hob sie schon den Rumpf von MISS SOPHIE, hob sie hoch und glitt unter ihr durch und ließ mich achtern von ihr tief ins Wasser gleiten – und schon kam die nächste Welle und das Spiel begann von vorne.
Als ich langsam auf die Halbinsel Pakri – so zumindest der Name in meiner russischen Seekarte - mit dem vorgelagerten Flach von 6 m bei sonstigen Wassertiefen von 50 Metern und der Nord-Tonne zusteuerte und diese Tonne suchte, war ich verwundert, wie weit an Backbord sie auftauchte und wie weit ich auf Steuerbord versetzt war.
Nach dem ich sie gut an Backbord passiert hatte, entschied ich, das Großsegel gegen die Fock auszuwechseln, eine Aktion, bei der ich mich bei dem jetzt herrschenden Wellengang gut festklemmen musste und darauf zu achten hatte, immer eine Hand für den Mann am Schiff zu haben.
Nur unter Fock lief MISS SOPHIE vielleicht eine halbe bis eine Meile weniger, aber immer noch gute 5 kn, ich ich war zufrieden.
Bei der Nord-Tonne der Lahulalu-Bucht, auf die ich nun mit Ost-Kurs losging, fiel mir die Orientierung schwer. Denn was auf der Karte als Bucht deutlich gezeichnet war, hob sich hier vor dem Hintergrund der Küstenkontur überhaupt nicht ab und eine Bucht war hier nicht zu erkennen. Gut, eine Seekarte zu haben.
Um 18:00 war ich fest. Und ein wenig kaputt. Bratkatoffeln und zwei Dosen Bier. Und der vorletzte Teil der Odyssee.
Vom Törn keine Bilder ausser den Wolken und dem Skipper, fand in den 7 Stunden ansonsten keine Gelegenheit, den Fotoapparat in die Hand zu nehmen.
Küstenwanderung in Dirhami
Published on Juni 25th, 2012 @ 10:18:57 , using 401 words,
Morgens regnet es und stürmt und das Barometer steht auf 996 und es sind mal gerade 14 Grad in der Kajüte.
Wo ist hier der Sommer?
Ich lese und als es aufhört zu regnen, mache ich eine Strandwanderung zu der kleinen Huk mit dem Gittermast und dem Seezeichen.
Ich komme an einer Schwanenfamilie vorbei, finde ein Fossil, das ich von Versteinerungen her meine zu kennen, komme an einer meiner Meinung nach uralten Kiefer vorbei und stolpere dann über einen Stein, der mich länger beschäftigt, weil ich mich frage, wie er wohl geformt wurde. Er hat die Form eines etwas flachen Eierbechers und ich denke, ein größerer, härterer Stein muss über tausende Jahre auf ihm gelegen haben und durch die beständigen Bewegungen im Wasser ist diese Form entstanden. Aber das ist reine Spekulation.
An der Huk finde ich eine Beobachtungshütte mit Kaminofen – in sehr ordenlichem Zustand und in der Nähe ein Plumpsklo – auch in sehr ordenlichem Zustand. Ein merkwürdiges Land.
Ob es hier so ordentlich zugeht, weil hier 50 Jahre Kommunismus herrschten oder trotz 50 Jahre Kommunismus?
Da muss ich zu Hause mal ein paar kundige Leuten ausfindig machen, die mir da was vernünftiges zu sagen können. Vielleicht mal das Osteuropa-Institut an der Bremer Uni konsultieren.
Abends dann kochen: mal wieder ne Eigenkreation.
Weisse Bohnen (aus der Tüte), eine Karotte, eine größere Zwiebel und ein paar Zehen Knoblauch, alles mit dem Hacker in kleinste Teilchen gebracht (millimetergroß) und kurz bevor die Bohnen nach 40 Minuten im Schnellkochtopf fertig sind, alles in den Wok und fünf Minuten garen. Dann die Bohnen dazu und eine kleine Dose geschälte Tomaten, fünf Minuten unter Hitze setzen, gut würzen und auf den Tisch. Habe ich zwei Tage von gegessen.
Seewetterbericht ist nicht gut: für alle Ostseegebiete Starkwindwarnung und für mein Gebiet – wobei es den Finnischen Meerbusen als Gebiet nicht gibt – SW 6-7, über SE nach N.
Also Hafentag.
Aber der nächste Tag wird garnicht so, wie angekündigt.
Morgens ist mehr oder minder Flaute und es regnet.
Ich mache ein paar Arbeiten am Schiff. Der alte Apelco GPS bekommt einen neuen Platz und aus einer wasserfesten Sperrholzplatte, die ich hier im Container gefunden habe, wird ein neuer Tisch für die Plicht. Zwischendurch wandere ich ein Stück an der Küste lang, bis der nächste Regenschauer mich wieder zu MISS SOPHIE treibt.
Aber von den angekündigten Windstärken ist hier nichts zu spüren.
Trotzdem: Sommer ist das hier nicht. Draussen sind 15 Grad.
Yeaahhhhh!! Den Finnischen Meerbusen auf eigenem Kiel erreicht. Von Heltermaa nach Dirhami
Published on Juni 24th, 2012 @ 17:14:05 , using 349 words,
Yeaahhhhh!! Den Finnischen Meerbusen auf eigenen Kiel erreicht. Von Heltermaa nach Dirhami
Morgens ist der Himmel völlig dicht und ich lass mir vom Hafenmeister nochmal den aktuellen Wind-Guru geben: W auf NW drehend 3-4. Los.
Kurz nach dem Ablegen um 11:00 Uhr ziehe ich Groß und Fock hoch und bin bei halben Wind schnell auf 6 kn: NW 4, manchmal geht es in die 5 rein.
Und dann steuere ich immer näher einer kaum über die Wasseroberfläche ragenden kleinen Insel zu, die es aber in meiner digitalen Seekarte nicht gibt. Das wird mir langsam unheimlich und ich ändere schleunigst den Kurs.
Durchatmen.
Puhhh.
Dann kommen ein paar verwinkelte, flache Passagen, die ich durchsegeln muss, wo ich so hoch an den Wind muss, dass ich anfangen muss, zu schnibbeln, aber dann habe ich den Generalkurs 70 Grad um 15:00 Uhr und nehme das Großsegel runter, weil es die Fock bei diesem achterlichen Wind immer wieder zu Einfallen bringt. Ist wohl doch mehr W als NW.
Dann nimmt der Wind gegen 18:00 langsam ab und ich mache nur noch 2,5 bis 3,5 kn – aber ist ja ok, ich habe Zeit und das Wetter ist gut.
Um 19:00 werde ich langsam müde, weil ich die ganze Zeit steuern muss, weil bei achterlichem Wind Admiral von Schneider nicht aufmerksam genug steuert. Auch bekomme ich langsam Hunger.
Aber im Finnischen Meerbusen. Yeaaahhhh!!!!!!
Also werfe ich James an und lasse ihn mit 1100 Umdrehungen laufen und mit der Fock zusammen bringen sie MISS SOPHIE auf 5 kn.
Um 21:00 bin ich im neuen Yachthafen bei wolkenlosem Himmel fest. Eine freundliche, junge Hafenmeisterin empfängt mich dort, nimmt die Leinen an und deutet auf einen Container, vor dem ein paaar Menschen sitzen und etwas trinken. Das halte ich für eine gute Idee, wenn es da auch etwas zu Essen gibt, was sie bejaht. Denn nach meinem Früstück habe ich nur eine halbe Schokolade zu mir nehmen können. Na, wenigstens kann man dabei nicht dick werden.
Dort beende ich den heutigen Tag.
Es war ein guter Tag.
Vom Segeln.
Von meiner seelischen Gestimmtheit.
Vom Wetter.
Von allem.
Morgen solls wieder dicke kommen.
Nationaler Feiertag in Estland
Published on Juni 25th, 2012 @ 17:03:43 , using 105 words,
Nationaler Feiertag in Estland
Es regnet wie aus Kübeln.
Trotzdem sammeln sich am Hafenrand eine ganze Reihe von Menschen, eine ganze Schar von Jugendlichen in Einheitstracht und auch Militär steht dabei. Ich habe nicht herausbekommen, um was es sich handelt, weil Englisch hier wenig gesprochen wird. Und das W-Lan hier im Hafen immer wieder zusammenbricht.
Der Seewetterbericht für morgen könnte möglicherweise das Erreichen des Finnischen Meerbusens bedeuten: bis 12 Uhr SW-W 5-6, abnehmend 4, Regenschauer, bis 24 Uhr: W 3-4, SE drehend.
Aber in der Nacht werfen sich noch einmal alle Windfurien über unseren Hafen und am Himmel ziehen die Wolkenbänke in D-Zuggeschwindigkeit vorüber.
Ausflug in die Hauptsadt von Hiiumaa
Published on Juni 22nd, 2012 @ 16:50:31 , using 104 words,
Ausflug nach Kärdla, Hauptstadt von Hiiumaa
Da Heltermaa ein reiner Fährhafen ist und ein größerer Einkauf an Lebensmittel anstand und ich die Hauptstadt dieser kleinen Insel mit rund 50 km Durchmesser sehen wollte, stand eine Busfahrt nach Kärdla von rund 30 km an.
Der Ort verschwindet fast in den den Häusern umgebenden laubreichen Gärten und ist fast nicht als Ort zu entdecken, weil die Häuser zudem auch hier relativ weit auseinander stehen und ein Ortszentrum eher von der Ansammlung wichtiger Institutionen als geografisch auszumachen ist.
Aber ein großes, neues Gymnasium, eine große, natürlich sanierte Bibliothek und ein Prachtbau einer Bank. Und ein kleines Nukutheather.
Gegen den Wind. Von Kuivastu auf Muhu nach Heltermaa auf Hiiumaa
Published on Juni 22nd, 2012 @ 17:16:43 , using 319 words,
Irgenwie hatte ich keine Lust mehr auf Muhu. Dabei war der Seewetterbericht überhaupt nicht geeignet, nach Hiiumaa zu segeln, denn er versprach Wind von W über NordWest über N nach NordOst zwischen 3 und 4. Und Nord bzw. am Anfang NordWest war meine Segelrichtung.
Aber irgendwas trieb mich, dabei sagte die Vorhersage für den nächsten Tag wunderbaren Segelwind von NE an.
Um 10:30 schmiss ich die Leinen los, N 1-2, Motor und Großsegel.
In der kleinen Rinne, die nordwestlich setzt, dazu die Selbstwendefock und Motor aus.
Dazu muss gesagt werden, dass der gesamte obere Bereich des Rigaer Meerbusens, die Suur-Straße und das daran anschließende Hari-Fahrwasser ausgesprochen flach sind, um die 2 Meter und die betonnten Fahrwasser zwischen 5 und 7 Meter Tiefe haben und teilweise sehr schmal sind.
Aber am Ende dieses Schlages nach NW, ca. 5 sm lang, geht das Fahrwasser strickt nach Norden – und da kam der Wind her, jetzt mit gut 4 Windstärken. Und die bauten in diesem flachen Wasser über die lange Wirkstrecke schnell einen bissigen, sehr kurzwelligen Seegang auf, der MISS SOPHIE immer wieder zum Stoppen brachte.
Als ich von den direkten Untiefen frei war, segelte ich so hoch am Wind wie es ging, aber der Seegang hier erforderte Kraft und ließ MISS SOPHIE nur mit 60 Grad am Wind segeln. Während mich ein Schlag mit 30 Grad NNE zumindest Höhe gewinnen ließ, konnte der zweite Schlag nur Höhe halten. Ein endlosen Gegenankreuzen versprach das.
Was ja auch ok gewesen wäre, wenn es nicht schon etwas spät geworden wäre und ich über mich selbst so sauer wegen dieser Fehlentscheidung war, dass ich diesen Tag einfach nur beenden wollte.
Ich riss wütend die Segel runter und brachte Admiral von Schneider auf 2000 Umdrehungen. Das zerrte an den Nerven, vor allem, weil ich selbst derjenige gewesen war, der sich diese Suppe eingebrockt hatte.
Um 19:30 war ich dann in der neuen Marina fest und kümmerte mich grummelnd mit mir selbst um mein Abendessen.
Kein guter Tag gewesen.
Wanderung durch Muhu
Published on Juni 20th, 2012 @ 15:07:50 , using 235 words,
Wanderung durch Muhu
Der Seewetterbericht hatte für den Rigaer Meerbusen als einzigem Seegebiet noch Sturm- und Starkwindwarnung ausgesprochen. Und da ich diese Insel sowieso noch ein bischen intensiever erleben wollte, entschied ich mich, unten entlang der Küste eine alte, historische Strasse langzuwandern, um zu einem stonehenge-ähnlichem Gebilde zu kommen, was mich interessierte. Allerdings war mir gleich klar, dass dies möglicherweise nicht zu schaffen war.
Aber meinen kleinen Roller nahm ich mit, in der Hoffnung, auf den Strassen damit schnell voran zu kommen, denn mit dem Ding schafft man 1 km in 5 Minuten. Allerdings gute Strassenbeläge vorausgesetzt.
Die nun waren hier zumindest nicht am Anfang gegeben, dafür aber eine völlig abgeschiedene Ruhe, die von keinem einzigen technischen Geräusch unterbrochen wurde.
Kilometerweit auseinander standen hier teilweise die Häuschen und Landwirtschaft konnte ich ausser einigen kleinen Gärten nicht entdecken.
Die Betonfundamente habe ich als Relikte des zweiten Weltkrieges angesehen, weil sie versteckt aber doch sehr nahe am Strand lagen.
Bald wurde mir klar, dass ich es zu dem Stonehenge-Monument, oder was auch immer es sein könnte, nicht schaffen würde.
Ich war jetzt zu Fuß zweieinhalb Stunden unterwegs und hatte mal gerade ein Drittel der Strecke dorthin bewältigt.
Dafür habe ich aber eine der berühmten Windmühlen gefunden.
Und eine schöne und einsame Landschaft genossen.
Mit dem Roller zurück habe ich dann für die 10 Km 45 Minuten auf der geteerten Straße gebraucht.
Heißer Ritt nach Kuivastu auf der Insel Muhu
Published on Juni 19th, 2012 @ 12:49:58 , using 477 words,
Luserke würde sagen: Mal wieder richtiges Heldensegeln
Morgens um 06:40 höre ich den Seewetterbericht: Rigaer Meerbusen: SW 5, abnehmend 3-4, SE-drehend, Wellen 1,5 Meter
Das klingt zumindest nicht schlecht.
Der Wind, den ich hier vorfinde, kann ich nicht richtig einschätzen, weil er hier durch diverse Landgegebenheiten abgelenkt und abgeschwächt wird.
Aber nach meinem Frühstück um 09:30 entscheide ich mich loszusegeln. Achterlicher Wind auf der ganzen Strecke, das sollte schon irgendwie passen.
Kaum aus dem Landschutz heraus, sind es dann auch wirklich die 5 Windstärken und ich muss erstmal unter Motor hier raus.
Um 10:30 kann ich dann auf 55 Grad gehen und lass mich von der Fock ziehen: zwischen 5,5 und 6,5 Knoten. Aber aufmerksames Steuern ist erforderlich, weil der Wind platt von achtern kommt. Und das wird so bleiben und die folgenden 6 oder 8 Stunden werde ich die Pinne nicht verlassen können.
Um 14:30 gehe ich auf meinen WP 2. Die Wellen hier haben jetzt bis zu zwei Meter Höhe.
Das messe ich, in dem ich meine Augenhöhe über Wasser vorher gemessen habe (145 cm) und dann Wellen, die höher als der Horizont sich aufsteilen, höher als diese Höhe einstufen kann und wenn ich selbst gerade in einem Wellental bin, dann kann ich da mindestens 50 cm wenn nicht mehr noch dazutun.
Zwei achteraufkommende Wellen brechen dann auch genau hinter mir und überschwemmen mein Achterschap – also sagen wir mal, sie überspülen es.
Aber alles ist gut, ich habe ein gutes Gefühl für den Wind, für meine MISS SOPHIE und für die Situation und ich klemme mich mit meinem Rücken, gepolstert von einem geschlossenporigen Schaumstoffstück gegen den Süllrand und mit meinen Beinen auf der gegenüberliegenden Sitzbank und freue mich, dass ich mal wieder so richtig auf See bin.
Kurz vor Kuivastu kommt mir ein Schwede hoch am Wind entgegen, ebenfalls auf Backbordbug und ich stelle sehr schnell fest, dass wir auf Kollosionskurs sind. Er in Lee hat Wegerecht, aber für ihn hätte es ein fingerbreit abfallen bedeutet, mir Raum zu geben, während für mich, platt vorm Laken nur mit der Fock, es eine Halse bedeutet, was bei dem Wind nicht unproblematisch ist. Ich gehe auf halben Wind, in der Hoffnung, ihm damit genügend Raum zu geben. Er geht drei Meter hinter mir durch und böllert was von Steuerbord – sooon Quatsch, er hatte Wegerecht, weil er in Lee war.
Kurz vor Kuivastu schläft der Wind ein, der die letzten 4 sm auf 3-4 runter gegangen war und ich motore das letzte Stück, was meiner Batterie sicher sehr gelegen kommt.
Um 18:00 bin ich fest im neuen Yachthafen von Kuivastu.
Ist ein durchorganisierter Fährhafen für die Insel Saaremaa mit langen Staus von LKWs und urlaubenden Menschen in PKWs.
Achteinhalb Stunden an der Pinne. Geschafft, hungrig, durstig und rechtschaffent müde – aber es muss noch gekocht und das Tagebuch geschrieben werden.
Koiguste zu 05 WP 155° 6 sm
05 WP zu 06 WP1 55° 15 sm
06 WP1 zu 06 WP2 30° 12 sm
06 WP2 zu 06 WP3 0° 1,5 sm
06 WP3 zu Kuivastu 300° 2,5 sm
Sturm über Koiguste auf der Insel Saaremaa
Published on Juni 17th, 2012 @ 12:41:46 , using 302 words,
Morgens wache ich von heulendem Wind auf und es regnet waagerecht.
Die Sonnenunterganbgsbilder habe ich gestern nacht aufgenommen im Abstand von vielleicht jeweils 30 Minuten.
Ein Blick nach oben lässt mich schnell wieder in der Koje verschwinden.
Um 12 weckt mich mein Nebenschiff, die wollen weg. Ich spreche mit ihnen noch kurz über die Windprognose, die sie aber bei ihrem 13-Meter-Schiff nicht sonderlich zu stören scheint und wir verholen mein Schiff hinter ihres.
Im Laufe des Tages nimmt der Wind zu. Gemessen in dreri Meter Höhe. In Salingshöhe kann man mindestens noch eine Windstärke addieren.
13:30 sind es gute 6.
14:30 sind es 28 kn, 7.
17:00 sind immer wieder Böen mit 38 kn dabei: 8.
Es heult in den Wanten, MISS SOPHIE reisst an den Festmachern und ich bin ein wenig unkonzentriert, weil davon im Wetterbericht nicht die Rede war. Aber ich bin sehr froh, dass ich meinem Gefühl, hier nicht loszusegeln, treu geblieben bin, denn das hätte möglicherweise ins Auge gehen können.
Mein Schiff ist keine 12 Meter lang und ich bin auch nicht zu zweit an Bord.
Ich habe mich mit diversen Leinen gesichert.
Und als die Wellen immer höher wurden und ich nicht abschätzen konnte, wie das weiter gehen würde, habe ich eine Kette gesteckt, mit der ich mich möglicherweise hinter den Ponton hätte legen könnte.
Mal sehen, wie lange ich hier mein Robinsonleben führen muss: die Seewetterprognose war nicht sehr beruhigend: SW 6 Schauer- und Gewitterböen, See 2 m.
Abends, 22:00 Uhr, ist der Wind eingeschlafen und der Himmel klart im Süden und Westen auf und die Wolkenbänke ziehen nach Nord-Ost ab.
Die jungen Schwalben hier, die sich im Fliegen trainieren, zischen manchmal 20 cm über meinem Kopf weg – scheint ihnen Spaß zu machen - mir auch.
Aber es ist hier wirklich eine kleine Natur-Idylle: ungeheuer viele Vögel sehen dies als ihr Revier an – und es ist auch ihr Revier.
Segeln zu einem kleinen verschwiegenen Örtchen: Koiguste
Published on Juni 19th, 2012 @ 12:32:39 , using 640 words,
Als ich gestern Abend beim Hafenmeister meine Liegegebühr zahlte, fragte er, wo ich hin wolle und ich nannte Koiguste.
„Ohh, no, no, no, kein guter Ort, Marina gibt es nicht mehr, der Eigentümer ist verstorben und davor ist es sehr sehr flach“.
Also, er riet mir dringend ab, nach Koiguste zu gehen. Die Konsequenz davon aber wäre, dass ich bis Kuivastu in der Suur-Straße, dem ersten Teil der Seeverbindung zwischen Rigaer Meerbusen und dem Finnischen Meerbusen, 60 sm zu bewältigen hätte, was selbst bei bestem Wind und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5 kn, was in der Regel nicht zu schaffen ist, 12 Stunden und mit An- und Ablegen 13 Stunden brauchen würde.
Was tun?
Ich entschied mich, trotzdem dort hinzusegeln und mich dort vor Anker zu legen, denn der Ort ist sehr sicher und vor allen Winden sehr geschützt. Seewetterbericht: NW 3, dann 2.
Morgens, weil kein Wind war, erst noch einmal gut gefrühstückt und dann, als um 08:30 Wind aufkam, los.
Großsegel und Fock und nach dem kurzen, engen Seekanal, Motor aus und endlich wieder mal segeln.
Ein zwei andere Boote waren auch unter Segeln unterwegs und die Sonne versuchte sich vergeblich, durch die Wolken zu kämpfen. Aber trotzdem angenehmes Wetter.
Mit 140 Grad auf die Ansteuerungstonne K6 zu mit achterlichem Wind.
Also Admiral von Schneider an die Pinne, dem ich aber beständig ins Handwerk greifen musste, weil er bei dem schrägachterlichen Wind immer wieder nicht schnell genug reagierte, MISS SOPHIE ausscheerte und die Fock back schlug.
Um 10:00 mit Kurs 80 Grad auf die Untiefentonne N von Allrahu, jetzt mit Wind platt vorm Laken, W 3, was aufmerksames Steuern erforderte. Also ich an der Pinne statt Admiral von Schneider.
Einmal verhaspel ich mich, und der Großbaum, der mit seinen 3.60 Meter Läge, eine ungeheure Wucht entwickelt, kommt über, weil ich gerade im Hafenhandbuch etwas nachgeschlagen habe. Ich saß auf der hohen Kante, d.h. der Großbaum geht etwa 5 cm über meinem Kopf hinweg. Wenn der getroffen hätte, läge ich vermutlich im Wasser.....
Ich habe sofort einen Zettel geschrieben, der jetzt über dem Niedergang hängt: bei Halsengefahr nur aus der Plicht steuern.
Um 12:30 wird mir das beständige Einfallen der Fock zu viel und ich nehme das Großsegel runter und lasse mich nun von der Fock von einem SüdWest zwischen 3 und 4 mit Kurs 60 Grad auf meinen WP ziehen, von dem aus ich dann in die Ansteuerung Koiguste gehen kann. Gleiche Geschwindigkeit, zwischen 3 und 5 kn.
Über Land zieht sich langsam die Wolkendecke dunkel zusammen, der Wind nimmt etwas zu, SW 4-5, es sieht nach Gewitter aus, wird dann aber keins, aber es fängt an zu regnen.
Als ich an meinem Ansteuerungspunkt um 15:30 bin, kann ich auf halben Wind gehen und MISS SOPHIE maschiert mit 5-6 kn los.
Davor ist noch ein Flach mit 90 Zentimeter Tiefe sicher zu umrunden und dann sehe ich schon die Einfahrt in diesen kleinen natürlichen Seehafen. Auf jeden Fall ist vor mir dort schon die „Thule“ aus Berlin, die mich überholt hat, eingelaufen und ich sehe dort noch einen weiteren Mast. Mal sehen, was mich dort erwartet.
Weil meine Seekarte in den Einzelheiten der kleineren Häfen keinerlei genaue Angaben enthält, pirsche ich mich hier sehr langsam heran.
Aber dann ist alles klar. An einem verrosteten Schwimmponton liegen zwei deutsche Schiffe und an dem größeren frage ich, ob ich längseits gehen kann, was sofort freundlich bejaht wird.
Um 17:30 fest.
Scheint ein kleines Naturparadies hier zu sein. Viele Seevögel gehen hier ihrem Tagewerk nach und man hört sie beständig „schreien“.
Schön hier. Vielleicht bleibe ich einen Tag.
Spät abends briest es dann auf: Ost 4-5 und der Seewetterdienst sagt für morgen SüdOst 6 voraus.
Das stimmt ziemlich genau mit der Vorhersage des Wind-Guru zusammen, der für Sonntag S – SW zwischen 4 und 6 Beaufort vorausgesagt hat.
Das heisst für mich bleiben.
Roomassaare – Koiguste Planung
Roomassaare zu K5 140° 6 sm
K5 zu Nordtonne 80° 7 sm
Nordtonne zu 05 WP1 55° 12 sm
05 WP1 zu Koiguste 335° 6 sm
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